Kommentar Neun-Euro-Ticket ist ein Strohfeuer

Bernhard Zinke hält nichts vom Neun-Euro-Ticket

Veröffentlicht
Kommentar von
Bernhard Zinke
Lesedauer

Auch wenn der Bundesrat vermutlich erst in seiner Sitzung am 20. Mai endgültig den Knopf dran macht: Das Neun-Euro-Ticket wird kommen – zum 1. Juni. Das ist der erklärte Wille der Bundesregierung. Bus- und Bahnfahrer sollen ebenso ihr Stück vom Kuchen „Entlastungspaket“ bekommen wie die autofahrenden Berufspendler angesichts der noch immer unverschämt hohen Treibstoff-Preise. So weit so gut. Doch wer glaubt, dass sich durch Neun-Euro-Tickets neue Fans für den Öffentlichen Nahverkehr gewinnen lassen, wird ab September eines Besseren belehrt werden.

Zweifellos schwingt in dem unschlagbar günstigen Ticket die Werbung für einen entspannten Nahverkehr kreuz und quer durch Deutschland mit. Warum sonst erstreckt sich das Angebot ausgerechnet auf den Zeitraum, in dem wirklich alle 16 Bundesländer große Ferien haben – ausgerechnet die Zeit, in der sowieso die wenigsten Menschen Busse und Bahnen nutzen, weil sie Urlaub haben oder das Fahrrad das bessere Verkehrsmittel ist. Freizeitverkehr, so die Denkart hinter dem Projekt, spielt den Türöffner für neue Kunden. Doch die werden, sollte das Projekt bei den Bürgerinnen und Bürgern tatsächlich fruchten, sich im Zweifelsfall in überfüllten und damit auch nicht eben pünktlichen Bahnen drängen.

Mehr zum Thema

Nahverkehr

VRN-Verbandsvorsitzender übt deutliche Kritik am Neun-Euro-Ticket

Veröffentlicht
Von
Bernhard Zinke
Mehr erfahren
Pandemie

Verkehrsverbund Rhein-Neckar zählt 2021 noch weniger Fahrgäste als 2020

Veröffentlicht
Von
Bernhard Zinke
Mehr erfahren
Nahverkehr

Was kommt nach dem 9-Euro-Ticket?

Veröffentlicht
Von
Christian Unger und Jochen Gaugele
Mehr erfahren

Das Neun-Euro Ticket wird zumindest mit Blick auf Neukunden-Gewinnung ein Strohfeuer sein. Denn unterm Strich zählen für Pendler die Qualität und Zuverlässigkeit der Verbindung, der schnelle Weg von zuhause zur Arbeit. Und genau da krankt es zumindest in den Randbereichen der Metropolregion noch viel zu sehr.

2,5 Milliarden Euro investiert das Bundesverkehrsministerium in das Projekt Neun-Euro-Tickets. Geld, das für tatsächlich nachhaltige Investitionen in den öffentlichen Nahverkehr verloren ist. Wie viele E- und Brennstoffzellenbusse hätten sich damit anschaffen lassen, wie viele neue S-Bahn-Gleise aus dem Zentrum der Metropolregion ins Umland, wie viele weitere neue, dauerhafte und damit nachhaltige Angebote? Gerade für Mannheim und Heidelberg drängt die Zeit. Die beiden Kommunen sind nun als EU-Modellstädte ausgewählt worden. Das bedeutet: Hier gibt es das erklärte Ziel, dass auch der Verkehr klimaneutral fließen muss. Dafür hätten die Verwaltungen und Verkehrsträger ihren Anteil am Entlastungspaket gut gebrauchen können. So zahlt die Bundesregierung einen anderen politischen Preis. Der setzt aber lieber auf den schnellen Effekt. Und der wird verpuffen.

Ressortleitung Teamleiter der Redaktionen Metropolregion und Südhessen Morgen