Kommentar Neuer Vertrag verschärft den Mangel an Hebammen

Im November tritt der sogenannte Hebammenhilfevertrag in Kraft. Er soll die Versorgung verbessern, verschärft aber letztlich das Problem, sagt Tim Feldmann.

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Mannheim. Nur ein Verdacht, aber: Steht das „S“ in „Sozialberuf“ für „Sparen“? Hebammen etwa hat ihr Beruf nie reich gemacht. Die gesetzlichen Krankenkassen sind chronisch klamm, wie ständig steigende Beiträge zeigen. Und auch bei den Hebammen müssen sie sparen. In beschönigendem Bürokratendeutsch klingt das so: Hebammenhilfevertrag.

Der tritt ab November in Kraft und regelt die Abrechnung freiberuflicher Hebammen neu. Das Problem: Die Hebammen werden gezwungen sein, für weniger Geld zu arbeiten – oder ihren Beruf ganz aufzugeben. Am Ende trifft das Gebärende, Mütter und Babys. Besonders in der Metropolregion: Etwa im Rhein-Neckar-Kreis sind fast die Hälfte aller Hebammen in Kreißsälen freiberuflich – weit über Bundesdurchschnitt.

Hebammenhilfevertrag

Noch weniger Geld: Eine Mannheimer Hebamme macht trotzdem weiter

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Immerhin waren zwei Hebammenverbände an den Verhandlungen mit der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) beteiligt. Letztendlich hat ein Schiedsgericht entschieden: Hebammen sollen mehr Zeit mit den Müttern und Gebärenden haben – und für diese Zeit zudem besser bezahlt werden. Die Idee ist gut. Die GKV argumentiert, besonders für die Hebammen im Kreißsaal verdopple sich die Vergütung. Bei Hebammen, die Mütter im Wochenbett betreuen, rechnet selbst der Deutsche Hebammenverband (DHV) mit einem kleinen Plus bei den Hausbesuchen. Der DHV war an den Verhandlungen nicht beteiligt und sieht den Vertrag kritisch.

Der Vertrag ignoriert die mangelhafte Versorgungslage

Ob die Rechnung für die Wochenbetthebammen aufgeht, liegt an ihnen: Sie können marginal mehr verdienen, wenn sie weniger Mütter länger betreuen. Für Mütter bedeutete das allerdings, noch schwieriger eine Wochenbetthebamme zu finden. Am gravierendsten trifft es die freiberuflichen Hebammen in den Kreißsälen, die dort Geburten betreuen.

In der Folge werden viele freiberufliche Hebammen ihren Beruf aufgeben oder in die Festanstellung wechseln müssen.

Nach dem neuen Vertrag verdienen sie zwar mehr Geld für die Betreuung einer Gebärenden. Für die zweite aber nur noch 30 Prozent der bisherigen Vergütung. Die Betreuung einer vierten Gebärenden wird gar nicht mehr vergütet. Das Modell ignoriert, dass Geburtsstationen mit Hebammen unterbesetzt sind. Weil eine Hebamme nicht einfach eine Gebärende mit Wehen abweisen kann, hat sie letztlich keine Wahl, als bis zu einem Drittel ihres bisherigen Einkommens einzubüßen.

In der Folge werden viele freiberufliche Hebammen ihren Beruf aufgeben oder in die Festanstellung wechseln müssen. Letzteres könnte sich als zusätzliches Desaster für kleine Krankenhäuser, besonders im ländlichen Raum herausstellen. Denn solche Hebammen werden von den Krankenkassenbezahlt. In Festanstellung müssten die Krankenhäuser selbst für sie aufkommen. Die Absicht des Hebammenhilfevertrags ist nicht falsch, aber er ignoriert die mangelhafte Versorgungslage – und verschärft sie damit nur noch.

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