Kommentar Neue Mehrweg-Regel für die Tonne

Tatjana Junker glaubt, dass die neue Vorschrift für Speisen und Getränke zum Mitnehmen viel zu kurz greift

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Tatjana Junker
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Abfälle vermeiden, Rohstoffe sparen, die Umwelt schonen: Das alles soll die sogenannte Mehrwegangebotspflicht bewirken, die seit Jahresbeginn gilt. Klingt natürlich erst mal gut. Konkret bedeutet es, dass Betriebe, die Essen und Getränke für unterwegs verkaufen, eine Mehrwegverpackung dafür anbieten müssen – zumindest für Kundinnen und Kunden, die das wollen.

Wer sich in den ersten Januartagen in Bäckereien, Tankstellen oder Schnellrestaurants der Region umgeschaut hat, kommt allerdings kaum um den Eindruck herum, dass ein guter Teil der Unternehmen die Regelung nicht ganz ernst nimmt. Da verweist das Verkaufspersonal bei der Frage nach dem Mehrwegbecher für den Cappuccino to go entweder darauf, dass es das erst „demnächst“ geben wird. Oder es weiß erst gar nichts von der neuen Vorgabe. In anderen Fällen gibt es zwar wenigstens Mehrwegbehälter, man erfährt davon aber nur, wenn man explizit danach fragt. Dabei ist eindeutig vorgeschrieben, dass die Betriebe ihre Kundschaft über das Angebot aktiv informieren müssen.

Vorschrift hat viele Schwächen

Die Schludrigkeit der Anbieter – hier sei kurz angemerkt, dass die neue Vorschrift nicht plötzlich im Dezember vom Himmel gefallen ist, sondern schon lange vorher bekannt war – ist allerdings nicht der einzige Grund dafür, dass die neue Mehrwegangebotspflicht salopp gesagt eher was für die Tonne ist. Kritiker wie die Deutsche Umwelthilfe verweisen völlig zu Recht auf die vielen Schwächen, die die Vorschrift selbst hat.

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Dazu gehören vor allem zwei Ausnahmeregelungen: Zum einen müssen kleine Betriebe – und davon gibt es in der Gastronomie eine ganze Menge – keine Mehrweg-Option anbieten. Zum anderen muss es keine Alternative zur Einwegverpackung geben, wenn diese aus Papier ist. Das ist vor allem mit Blick auf die großen Fastfoodketten problematisch, die den Großteil ihrer Speisen weiter in Papier und Pappe hüllen. Die sind natürlich umweltfreundlicher als Plastik – aber in Luft lösen sie sich halt auch nicht auf, wenn der Burger gefuttert ist.

Kundinnen und Kunden, die Mehrweg zumindest dort, wo es angeboten wird, nutzen wollen, erschwert wiederum die Vielfalt der Pfandsysteme das Leben: Weil viele Anbieter eigene Lösungen haben, kann man den Mehrwegbehälter oft nur dort zurückgeben, wo man ihn bekommen hat. Auch der Lieferdienst nimmt die Kunststoffschüssel im Zweifel nicht wieder mit. Es braucht also weiter viel Eigenmotivation auf Verbraucherseite, um zum Mehrweg zu greifen – in der Masse wird es sich so kaum durchsetzen.

Redaktion Wirtschaftsreporterin