Jetzt ist es raus: Die Kandidatenfindungskommission der Grünen schlägt für die Wahl zum Stadtoberhaupt ihren Mitgliedern den erfahrenen, vergleichsweise aber unbekannten Stadtrat Raymond Fojkar vor. Auch wenn bei der um Basisdemokratie bemühten Partei nicht die Kommission das letzte Wort hat, sondern die Mitglieder, sollte die Personalie sicher sein. Einen weiteren Rückschlag können sich die Grünen in einer Zeit, in der auf die Oberbürgermeisterwahl die Kommunalwahl 2024 folgt, kaum leisten - dafür sind die Monate der Findung parteiintern und in der Kommunikation nach außen zu unbefriedigend verlaufen.
Lange hatten Partei und Kommission darauf gesetzt, Amtsinhaber Peter Kurz (SPD) - wie 2015 - nochmals zu unterstützen. Als der seinen Verzicht auf eine neuerliche Kandidatur erklärte, gab es keinen Plan B. Auch Fojkar hat sich Informationen dieser Redaktion zufolge erst vor einigen Tagen selbst für eine Kandidatur gemeldet. Dem Vernehmen nach auch aus der Motivation heraus, der Partei eine Posse zu ersparen. Von einem langfristig vorbereiteten Plan der Grünen kann keine Rede sein.
Der Kinder- und Jugendpsychiater ist ein erfahrener Stadtrat. Seit 2009 sitzt Fojkar für seine Fraktion im Gemeinderat - selten aber in der vordersten Reihe. Dass nun er - der auch schon 2015 mit einer Kandidatur liebäugelte - antritt, ist umso überraschender, wenn man bedenkt, dass die SPD auf ihren Fraktionsvorsitzenden Thorsten Riehle und das bürgerliche Lager auf den Ersten Bürgermeister Christian Specht setzen. Beide sind bekannt, beide haben über ihre Ämter mehr Aufmerksamkeit als Fojkar. Der Grüne startet als Außenseiter. Umso gespannter darf man sein, mit welchen politischen Inhalten er nun im Wahlkampf punkten will.
Fojkar bewahrt die Grünen vor der Blamage, bei der Mitgliederversammlung ohne Kandidaten dazustehen. Aber kann ein Kandidat in der Außenseiterrolle genug sein für die Partei mit der größten Fraktion im Gemeinderat? Die muss eigentlich den klaren Anspruch haben, diese richtungsweisende Wahl zu gewinnen. Die Frage bleibt also, warum keine prominenten Amtsträger - wie bei SPD und dem bürgerlichen Lager - Verantwortung übernehmen. Auswahl gibt es reichlich: eine Bundestagsabgeordnete Melis Sekmen, zwei Landtagsabgeordnete (Elke Zimmer, Susanne Aschhoff), zwei Bürgermeister (Dirk Grunert, Diana Pretzell) und zwei Fraktionschefinnen (Stefanie Heß, Nina Wellenreuther). Sie alle werden sich die Frage gefallen lassen müssen, warum sie nicht antreten.
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