Kommentar Mannheimer Drogenverein hat viele Leben gerettet

Timo Schmidhuber über die Arbeit des Drogenvereins

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Timo Schmidhuber
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Als illegale Drogen wie Haschisch und Marihuana und später auch Heroin ab Ende der 1960er Jahre von den USA aus im großen Stil nach Europa und damit auch nach Mannheim gelangten, da war die Verunsicherung in der ganzen Gesellschaft groß. Paul Bach, Gründungsmitglied des Mannheimer Drogenvereins, beschreibt das in der Chronik zum 50. Geburtstag sehr deutlich: Die einen fürchteten, dass die Drogen die ganze Gesellschaft kaputtmachen. Andere sahen die Sache mehr als eine Art Modewelle, die schnell wieder vorbeigeht. Die Reaktionen seien vergleichbar gewesen mit denen jetzt auf die Corona-Pandemie, erinnert sich Bach. Es wurde schnell klar, dass eine Gesellschaft mit Drogen leben, aber trotzdem nicht resignieren muss.

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Die Anfangsjahre des Drogenvereins stellen sich in der Chronik suchend, experimentierend und manchmal auch chaotisch dar. Doch recht schnell setzte sich in der Suchthilfe die wichtige Erkenntnis durch: Drogenabhängige sind keine Schwächliche, sondern Kranke, die therapeutische und sozialpädagogische Hilfe brauchen. Diese Hilfe hat der Drogenverein systematisch aufgebaut – mit großer Unterstützung der Stadt als wichtigster Geldgeberin und in einer intensiven Zusammenarbeit mit der Mannheimer Polizei. Wichtige Wegmarken waren hier zum Beispiel die Einrichtung von Kontaktläden oder – unter Federführung von Ärzten und Zentralinstitut für Seelische Gesundheit – die Ausgabe des Drogen-Ersatzstoffes Methadon. Das alles hat viele Leben gerettet.

Auch die Kinder im Blick

Im Lauf der Jahre hat der Verein sein Angebot aber auch immer weiter über den einzelnen Suchtkranken und überhaupt über illegale Drogen hinaus ausgeweitet. Die Betreuung der Kinder von Abhängigen ist hier genauso zu nennen wie die mit der Caritas gemeinsam betriebene Anlaufstelle für Trinker im Jungbusch.

Die Aufgaben werden auch nach 50 Jahren nicht ausgehen – leider, muss man sagen. Die von der Regierungskoalition in Berlin geplante und auch sinnvolle Freigabe von Haschisch und Marihuana wird den Verein vor neue Aufgaben stellen. Denn auch wenn Haschisch legal ist, wird es weiterhin Konsumenten geben, die therapeutische Hilfe brauchen – die dann aber nicht mehr gezwungenermaßen zum Drogenverein kommen. Hier müssen die Helferinnen und Helfer einen Weg finden, trotzdem an diese Menschen ranzukommen.

Redaktion Stellvertr. Leiter der Lokalredaktion Mannheim