Kommentar Mannheimer Chemieunfall: Richtige Lehren ziehen!

Dass die Staatsanwaltschaft kein strafrechtlich relevantes Verhalten beim Chemieunfall sieht, ist das eine. Welche Lehren für den Katastrophenschutz gezogen werden, sollte davon losgelöst sein, findet Sebastian Koch

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Sebastian Koch
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Und jetzt? Mehr als ein halbes Jahr nach dem Chemieunfall in Mannheim hat die Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen fahrlässiger Körperverletzung eingestellt. Nun ist das sicher kein Thema, das einerseits oder andererseits zu bewerten ist - vor allem, wenn die juristische Ausbildung fehlt. Das Vertrauen in die Justiz ist ein Eckpfeiler unserer Demokratie. Trotzdem bleibt ein unbefriedigendes Gefühl. Schließlich hat der Unfall Verwaltung, Einsatzkräfte und vor allem Mannheimerinnen und Mannheimer anderthalb Wochen lang in Sorge versetzt. Nicht nur, dass die Stadt Sirenenalarm ausgelöst hat, auch Tage später noch sollten Menschen Fenster geschlossen halten. Und für all das gibt es aus strafrechtlicher Sicht keinen Verantwortlichen? Das ist unbefriedigend, wenn in der Sache wohl auch richtig.

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Das ungute Gefühl bleibt, obwohl der Unfall nicht verheerend verlaufen ist. In Leverkusen etwa sind bei einem Chemieunfall im Juli 2021 sieben Menschen gestorben. Viele weitere wurden verletzt. So gesehen endete der Unfall im Hafen mit 17 Verletzten, die nach wenigen Tagen das Krankenhaus verlassen konnten, glimpflich. Man mag sich nicht ausmalen, was passiert wäre, hätte sich die Giftwolke nicht recht schnell in der Luft verdünnt.

Genau von dem Szenario muss man aber ausgehen. Denn: Darauf, dass die Staatsanwaltschaft die strafrechtlichen Ermittlungen eingestellt hat, dürfen sich Behörden, Unternehmen, aber auch die Bewohnerinnen und Bewohner nicht ausruhen. Zwar hat Mannheim als Reaktion erste Schritte eingeleitet und bei der Sicherheitsbefragung danach gefragt, wie das Sirenensystem wahrgenommen wird und welche Informationsquellen die Befragten nutzten. Auch hat Mannheim am Warntag teilgenommen. Das allein wird aber noch nicht im nötigen Maße helfen. Weitere Maßnahmen, Übungen und Aktionen müssen folgen. In einer Migrationsstadt muss gewährleistet sein, dass die Sprache im Notfall kein Informationshindernis ist. Auch Industriegrößen wie BASF oder Roche müssen Systeme regelmäßig warten und selbst kleine Vorfälle restlos aufarbeiten.

Verwaltung und Industrie in die Verantwortung zu nehmen, greift aber zu kurz. Auch Mannheimer wie Ludwigshafenerinnen müssen sich bewusst sein, in welchem gefährlichen Umfeld sie sich täglich bewegen. Es liegt auch an ihnen, sich über das Verhalten im Gefahrfall zu informieren. Denn irgendwann wird es wieder einen Unfall geben. Dann sollte man sich nicht auf das Glück aus dem August verlassen.

Redaktion Reporter in der Lokalredaktion Mannheim & Moderator des Stotterer-Ppppodcasts