Die Veranstaltung zu Theodor Seitz in Seckenheim verlief vorbildlich. In dieser Form sollten historisch strittige Sachverhalte diskutiert werden. Von Experten unterfüttert, engagiert vertreten. Vor allem den Ehrenamtlichen um Heimatforscher Wilhelm Stamm gebührt dieses Lob. Ihre Arbeit wurde durch weit mehr als 100 Interessierte belohnt. Deren Diskussion verlief untadelig. Die Argumente wurden ordentlich vorgetragen und von der jeweiligen Gegenseite geduldig ertragen. Wer befürchtet hatte, hier gehe es heiß her, war beruhigt.
Die positive Bilanz gilt für die Form, in der diskutiert wurde, nicht für alle Inhalte. Manche Einwände gegen ein Entfernen der Gedenktafel waren erschreckend abstrus. Das gilt vor allem für das zentrale Argument, mit dem versucht wurde, das Verhalten von Seitz zu relativieren, und das sich wie folgt auf den Punkt bringen lässt: „Das war eben damals so.“ Das kann nur Kopfschütteln auslösen. Das von Seitz offensiv vertretene Auspeitschen unschuldiger Menschen etwa entsprach zu keiner Zeit moralischen menschlichen Normen.
Spätestens nach diesem Abend sollte für jeden feststehen: Seitz war ein Verbrecher. Er hat zwar wohl niemanden selbst ermordet, aber er war ein skrupelloser Schreibtischtäter. Dazu ein fanatischer Rassist, der daher noch Jahrzehnte später Hitler begeistert unterstützte. Damit kann Seitz niemand sein, der in unserer Zeit einer öffentlichen Würdigung würdig ist.
Doch was tun? Erfreulich ist der Konsens, dass die Tafel nicht so bleiben kann, wie sie jetzt ist –also für sich alleine stehen darf. Zusätzliche erläuternde Beschilderung wurde schon bei den Straßennamen in Rheinau-Süd diskutiert – und verworfen. Zu Recht: Auch dann bliebe die öffentliche Würdigung eines Verbrechers.
Wenn eine Tafel an diesem Haus, dann muss es eine ganz neue sein, die endlich auch an die Opfer erinnert: Dass hier ein Mann wohnte, der Verantwortung trug für Ausbeutung und Unterdrückung, Quälen und Töten unschuldiger Menschen.
So ist denn ein klares Zeichen unerlässlich: Entfernung dieser Tafel – als Distanzierung von der moralisch verwerflichen Persönlichkeit Theodor Seitz und des von ihm repräsentierten Systems.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Kolonialist Seitz: eindeutiges Zeichen nötig
Konstantin Groß zur Debatte um Kolonialverbrecher Seitz