Mannheim. Es ist ein ähnliches Problem wie bei den TV-Nachrichten. Trägt da jemand etwa ein mutiges Jackett oder eigenwilliges Kostüm, ist es mit der Aufmerksamkeit für das Gesprochene dahin. Man schaut vor allem auf die Kleidung und fragt sich, was die einem sagen soll. Peter Kurz indes erscheint immer tadellos angezogen. Dennoch droht ihm ein vergleichbares Los. Solange sich der Mannheimer Oberbürgermeister eine erneute Kandidatur offenhält, wird das Publikum bei seinen Auftritten statt über seine inhaltlichen Botschaften in erster Linie darüber räsonieren, ob er wohl amtsmüde ist oder nicht.
Das wird ihn verständlicherweise nerven. Aber er ist ja selbst schuld, wenn er nicht für Klarheit sorgt. Ob der seit 2007 amtierende Sozialdemokrat nächstes Jahr bis 2031 gewählt werden will, ist lokalpolitisch nun mal die aktuell gewichtigste und spannendste Frage. Das öffentliche Interesse daran ist völlig legitim.
Das geht allerdings nicht so weit, dass die Allgemeinheit einen Anspruch auf baldige Auskunft hätte. Es ist vielmehr Kurz’ gutes Recht, mit seiner Entscheidung noch zu warten. Die Wahl ist in exakt einem Jahr. Würde er sich jetzt festlegen, wird in seinem Umfeld nachvollziehbar argumentiert, wäre quasi der Wahlkampf eröffnet. Dabei gebe es viel dringlichere Probleme, deren Lösung dann erschwert würde.
Darüber geredet wird so oder so
Lassen sich Spitzenvertreter mit ihren Zukunftsplänen zu viel Zeit, geht das in der Regel zulasten ihrer Möchtegern-Nachfolger. Denen fehlt Klarheit für die eigene Lebensplanung. Und eine kurzfristige Kandidatur mindert ihre Chancen, bis zur Wahl an Bekanntheit zu gewinnen. Gleichwohl ist aus der SPD kein lautes Grummeln zu hören. Sicher, mit Aufsässigkeit gegenüber ihrem Oberbürgermeister fällt die Partei generell nicht auf. Doch eine größere Rolle dürfte spielen, dass die offene Entscheidung für die politische Konkurrenz nicht minder ärgerlich ist – weil sich deren Kandidaturen danach offenbar nicht unwesentlich richten.
Womöglich haben die Sozialdemokraten auch eine Ahnung von der Absicht des Amtsinhabers. Sonst würde ihr Kreisvorsitzender Stefan Fulst-Blei den Grünen jetzt kaum nahelegen, auf eine eigene Kandidatin zu verzichten und Kurz erneut zu unterstützen. Die lehnen das nicht kategorisch ab, sondern zeigen sich gesprächsbereit. Auch der Erste Bürgermeister Christian Specht rechnet nach eigenem Bekunden damit, dass der 59-Jährige wieder antritt. Geredet wird darüber also auch, wenn Kurz schweigt. Klarheit wäre schon schön.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Klarheit von Peter Kurz in Sachen OB-Wahl wäre schon schön
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