Kommentar Kameras gehen, die Not bleibt

Waltraud Kirsch-Mayer zu Vor-Ort-Hilfen bei Katastrophen

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Waltraud Kirsch-Mayer
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Nach Tornados in den USA mindestens 26 Tote. Durch Regen ins Rutschen gekommene Schlammmassen begraben in Ecuador Männer, Frauen, Kinder und zerstören hunderte Häuser. In der zentralindischen Stadt Indore stürzen Gläubige in den Tod, weil der Boden eines Hindutempels bricht. Diese Unglücke ereigneten sich allesamt in den zurückliegenden vier Wochen. Längst haben wir uns daran gewöhnt, dass in Nachrichten Meldungen von Katastrophen auftauchen und schnell wieder verschwinden. Das gilt auch für das Erdbeben in der Türkei und Syrien, bei dem auf den Tag genau vor zwei Monaten über 56 000 Menschen ihr Leben verloren und weit mehr obdachlos wurden, weil um die 300 000 Gebäude entweder ganz zerstört oder stark beschädigt wurden.

Vielleicht ist so manchen noch jenes Baby in Erinnerung geblieben, das nach fünf Tagen lebend aus Trümmern geborgen wurde. Und 54 Tage später rührte das Mädchen erneut, weil es (dank DNA-Test) seiner Mama in die Arme gelegt werden konnte. Als schlagzeilenträchtige Geschichten, die um die Welt gehen, taugen aber nur wenige Schicksale. Inzwischen sind Reporterteams samt Kameras weitgehend aus dem zerstörten Gebiet so groß wie Baden-Württemberg abgezogen, um sich neuen Katastrophen zuzuwenden.

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Hingegen haben sich die Schrecken des Erdbebens in Köpfen und Herzen von Angehörigen eingegraben. Auch bei jenen, die tausende Kilometer entfernt leben. Beispielsweise an Rhein und Neckar. Hier koordinieren Vereine, Verbände und Unternehmen türkisch-stämmiger Mannheimer und Mannheimerinnen gemeinsam Vor-Ort-Hilfen. Mit Engagement und Pragmatismus. In der Quadratestadt ist jeder beziehungsweise jede Zehnte von der Katastrophe in irgendeiner Weise betroffen. Das folgenschwere Erdbeben mag aus den Nachrichten verschwunden sein – die Not der Überlebenden ist geblieben. Deshalb ist gerade in Migrationsstädten wie Mannheim ein Schulterschluss für gemeinsame Hilfen so wichtig.

Freie Autorin