Es klingt absurd: Die Versammlungsbehörde zieht eine Auflage für eine pro-palästinensische Demonstration zurück, weil das zuständige Gericht nach einer Klage signalisiert, dass die Passage einer juristischen Prüfung wahrscheinlich nicht standhalten wird. Wohlgemerkt - und das ist kaum zu glauben: Es geht in dieser Passage um das Verbot, zu Hass aufzustacheln, die Menschenwürde anderer zu verletzen oder Gewalttaten zu verherrlichen und zu diesen aufzurufen.
Zunächst einmal ist es das gute Recht der Organisatoren der pro-palästinensischen Demonstration, gegen diese Auflagen Rechtsmittel einzulegen. Dass aber ausgerechnet gegen eine Passage geklagt wird, die unter anderem das Aufstacheln zu Hass oder die Verherrlichung von Gewalttaten untersagt, und die Entscheidung über soziale Medien öffentlich verbreitet wird, darf auch Fragen zur Motivation und zum Hintergrund der Klage aufwerfen.
Gleichzeitig zeugt es vom funktionierenden Rechtsstaat, dass der Einspruch offensichtlich dennoch so große Chancen auf Erfolg hat, dass eine Behörde sogar darauf verzichtet, die Klage zu verhandeln. Dass auf pro-palästinensischen Demonstrationen in Mannheim immer wieder der funktionierende Rechtsstaat angezweifelt wird, wenn es um Belange der Palästinenser geht, wirkt da unglaubwürdig.
Dass das Gericht kritisiert, die Auflage enthalte offenbar auch handwerkliche Fehler, ist ein Imageschaden für die Versammlungsbehörde - auch weil die Passage schon vielen Demonstrationen seit mehreren Jahren auferlegt worden war. Nicht zuletzt hatte auch noch Oberbürgermeister Christian Specht im November im Interview mit dieser Redaktion erklärt, mit welcher Sorgfalt die Behörde seit dem Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober 2023 die Auflagen für pro-palästinensische Demonstrationen ausarbeite.
Das alles darf aber nicht über die Notwendigkeit hinwegtäuschen, die die Stadt in dieser Auflage gesehen hat. Selbst nachdem die Behörde die Passage zurückgezogen hat, haben die Verantwortlichen es für notwendig gehalten, die Organisatoren explizit auf die eigentliche Selbstverständlichkeit hinzuweisen, geltende Paragrafen des Strafgesetzbuches einzuhalten. Dass die Polizei nach der Demonstration nun tatsächlich wegen des Anfangsverdachts auf Volksverhetzung gegen Unbekannt ermittelt, bestätigt genau diese Sorge.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommemtar Imageschaden für die Stadt Mannheim - und die Demonstrationen!
Die Stadt Mannheim hat eine Auflage für eine pro-palästinensische Demo zurückgezogen, die das Aufstacheln zu Hass und Gewat untersagt. Ein Imageschaden - für die Behörde und die Demonstration, meint Sebastian Koch