Kinderbetreuung Höhere Kita-Gebühren bei weniger Service sind unvertretbar

Am 1. September tritt in Schriesheim eine neue Kindergartenordnung in Kraft. Sie sieht deutlich höhere Gebühren trotz gekürzter Öffnungszeiten vor - eine Horror-Kombination für Eltern, kritisiert Redakteur Konstantin Groß

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Konstantin Groß
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Es ist gut 35 Jahre her, da wurde Schriesheim vom Land als besonders kinderfreundliche Stadt ausgezeichnet. Manche Eltern haben den Eindruck, dass davon inzwischen nur noch sehr bedingt die Rede sein kann. Eine drastische Erhöhung der Gebühren bei gleichzeitig ebenso drastischer Kürzung der Öffnungszeiten – das ist für Familien, die auf Betreuungsangebote angewiesen sind, eine Horror-Kombination. Denn sie macht das Leben für sie schlichtweg (noch) schwieriger.

Nun kann dies nicht der Ort sein, Grundsatzfragen zu thematisieren. Dennoch sollte noch einmal darauf verwiesen werden, dass Gebühren für Kindergärten prinzipiell sachlich nicht nachvollziehbar sind. Niemand vermag zu begründen, warum die Betreuung eines Kindes ab dem sechsten Lebensjahr, also in der Schule, kostenlos ist, bis zum fünften aber, also im Kindergarten, hohe Gebühren kostet. Und dies, obwohl frühkindliche Bildung angesichts der Probleme, denen Kinder heutzutage ausgesetzt sind, wichtiger ist denn je.

Kurios geradezu die Argumentation von Ratsschreiber Morast für die Erhöhung des Kostendeckungsgrades: Der Allgemeinheit dürfe nicht zugemutet werden, Leistungen zu finanzieren, die nur einzelnen Gruppen zu Gute kommen. Dass dies auch bei öffentlichen Ausgaben für Bundesligastadien oder Opernhäuser gelten würde, ist nicht bekannt. Aber im Sozialbereich, sei es bei der Betreuung von Kindern oder bei der Pflege von Alten, gelten offensichtlich andere Regeln. Da ist schon Sprache verräterisch: Fehlende Mittel im Sozialbereich sind „Defizite“, ebensolche in Kultur und Sport „Förderbedarf“.

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Für die Rechtfertigung der Erhöhung wenig hilfreich sind auch der Verweis auf die Gebührenstabilität seit 2017 und das Zahlenspiel, 14 Prozent jetzt seien nur 2,5 pro Jahr seither. Die höheren Kosten werden nämlich jetzt fällig – in 2023, wo auf Familien ohnehin Mehrausgaben in vielen Bereichen zukommen.

Dass im Schriesheimer Rat der AfD-Mann zum Thema nichts zu sagen hat und die bürgerlichen Fraktionen CDU, Freie Wähler und FDP die Erhöhung durchwinken, das verwundert nicht. Sehr wohl jedoch, dass Grüne und SPD, die sich ja sonst als Fürsprecher von Jugend und „Kleinen Leuten“ sehen, dies am Ende mitmachen. Sie kaprizieren sich zur gleichen Zeit lieber auf Themen wie einen Trinkwasserbrunnen in der Altstadt (Grüne) oder ein Trekking-Camp in der Spatschlucht (SPD). Weiter entfernt von den wirklichen Problemen vieler Familien geht es kaum.

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