Kommentar Hacker führen einen nahezu unsichtbaren Krieg

MM-Redakteur Stephan After ist besorgt über die weiter steigende Anzahl von Angriffen auf kleine und große Unternehen, aber auch auf kritische Infrastrukturen

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Stephan Alfter
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Noch nie in der Geschichte der Menschheit hat sich eine kriegerische Auseinandersetzung mehr dem Licht der Öffentlichkeit entzogen, als der Kampf, der genau in diesem Augenblick im Cyberspace tobt. Aus dem Netz rollt eine nie dagewesene Welle an Angriffen auf kritische Infrastrukturen wie Krankenhäuser oder Energieversorger zu. Im Abstand von wenigen Sekunden gibt es überall auf dem Globus Attacken auf die IT-Systeme von Forschungseinrichtungen, Verwaltungsbehörden und großen Unternehmen.

Wie Gift fressen sich schadhafte Programme über schlecht gesicherte digitale Einfallstore tief in die organischen Strukturen von Firmen- und Behördennetzwerken. Dabei geht es den Dieben der digitalen Zeit immer nur um eines - geheime Daten, individuelle Daten, teure Daten. In der Metropolregion Rhein-Neckar sind die Bürger des Rhein-Pfalz-Kreises Zeugen und Betroffene gleichermaßen. Sogar der Landrat selbst musste seine Kreditkarten sperren lassen und sich einen neuen Personalausweis besorgen, nachdem die Lösegeldforderung der Hacker in Höhe von mehr als einer Million Euro nicht erfüllt worden war und seine Daten unverschlüsselt im Darknet auftauchten.

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Das jedoch sind noch die kleineren Übel eines Krieges, in dem es - auch wenn es gruselig klingt - um nichts anderes geht als um unsere gesamte Zivilisation. Wer eine Stromversorgung per Knopfdruck über Tage lahmlegen kann, der kann damit womöglich auch kleinere Revolten in einer Gesellschaft begünstigen. Mario Greco, Vorstandschef der größten europäischen Versicherungsgesellschaft Zurich warnte dieser Tage in der britischen „Financial Times“: „Was nicht mehr versicherbar sein wird, ist Cyber.“ Er fragte: „Was ist, wenn jemand die Kontrolle über lebenswichtige Teile unserer Infrastruktur übernimmt, was sind die Folgen?“ Im Gegensatz zu den meisten Naturkatastrophen sei das nicht einmal annähernd kalkulierbar.

Wie wenig wir davor gefeit sind, zeigte nicht nur das Beispiel der Kreisverwaltung in der Vorderpfalz, sondern auch die Angriffe der vergangenen Tage beispielsweise auf Lotto Rheinland-Pfalz oder Lotto Brandenburg. In Potsdam ist die Stadtverwaltung gerade akut betroffen. Alle IT-Systeme sind runtergefahren. Das lähmt. Aber: Durch die Hackerangriffe wird das Misstrauen gegenüber einer sich digitalisierenden Welt nicht eben kleiner - obwohl jedem klar ist, dass gerade Deutschland hier Nachholbedarf hat. Wer gewinnt den unsichtbaren Krieg? Eine große Frage dieser Zeit.

Redaktion Reporter in der Metropolregion Rhein-Neckar