Kommentar Großbetriebe müssen ihre Lieferanten genauer unter die Lupe nehmen!

Walter Serif über Lieferketten und das neue Gesetz

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Walter Serif
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Es läuft nicht mehr rund mit der Globalisierung – diese Erkenntnis prägt seit Corona unseren Alltag. Der alte Toyota-Spruch „Nichts ist unmöglich“ trifft das genau – nur ins Gegenteil verkehrt. Das richtige Ersatzteil gibt es oft weder in Hamburg noch Hintertupfingen. Klar, denn außer der Fahrradkette kann auch die Lieferkette reißen. Wir sind da aber auch ein Stück weit Opfer unserer eigenen Ignoranz geworden.

Bis zu Putins Angriffskrieg wussten wahrscheinlich nur die Automobilbauer, dass die meisten Kabelbäume in den Fahrzeugen aus der Ukraine stammten. Sie hatten aber dennoch keinen Plan B. Die gefährliche Abhängigkeit mancher Unternehmen von einem einzigen Zulieferer hat zum Glück eine breite Diskussion ausgelöst. Gleichwohl ist diese Debatte über die Lieferketten meistens einseitig. Nach dem Motto: Wenn die deutsche Wirtschaft nicht störungsfrei produzieren kann, verdienen alle weniger und die Konsumenten müssen warten oder gar verzichten.

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Weniger interessiert die Unternehmen und Konsumenten aber, unter welchen Bedingungen bestimmte Rohstoffe oder Vorprodukte im Ausland hergestellt werden. Noch immer ist Kinderarbeit weltweit stark verbreitet. Man will sich gar nicht ausmalen, wie sehr die Kinder in den Kakaoplantagen, Bergwerken und Fabriken für unsere Schokolade, Handys oder Klamotten schuften müssen.

Verstöße gegen Menschenrechte?

Das ist unerträglich – aber wir ertragen es. Auch die deutschen Betriebe, die ja weltweite Lieferbeziehungen pflegen und auch viele Kontakte in den prekären Ländern haben. Bisher konnten sich viele Unternehmer leichter hinter einem „Das haben wir leider alles nicht gewusst“ verstecken, aber das funktioniert zumindest für die großen Unternehmen in Zukunft nicht mehr. Sie müssen seit Jahresbeginn ihre Lieferanten genauer unter die Lupe nehmen und schauen, ob es Verstöße gegen Menschenrechte gibt. Dass das in einem Staat, in dem sich Beamte einen Titel wie „Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz“ ausdenken, ohne hohen bürokratischen Aufwand geschehen könnte, wäre natürlich fast schon ein kleines Wunder.

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Deshalb ist es wiederum auch kein Wunder, dass die Wirtschaftsverbände schon im Vorfeld Sturm gegen das Gesetz gelaufen sind. Ob es klug war, auch noch eine Verschiebung zu fordern, steht auf einem anderen Blatt. Denn es fehlte das klare Bekenntnis zu den Zielen der neuen Regeln. Das nährt den Verdacht, dass der Profit womöglich höher in der Bilanz bewertet wird als die Menschenrechte.

Redaktion Reporter für Politik und Wirtschaft