Mannheim. Zwei Jahre ist es fast her, dass die Schulen wegen der Corona-Pandemie in den Lockdown gehen mussten – und damit viele Defizite an den Schulen im Land offenkundig wurden. Defizite in der Digitalisierung, Defizite bei den digitalen Fähigkeiten der Lehrer, Defizite, die Kommunikation mit den Schülern und Eltern aufrecht zu erhalten. Groß war die Unzufriedenheit auf allen Seiten. Die Folge: mehr oder weniger großer Aktionismus im Kultusministerium in Stuttgart.
Natürlich war die Corona-Pandemie in ihrer Ausprägung so nicht vorhersehbar. Genauso wenig wie der russische Angriff auf die Ukraine, der eine seit dem Zweiten Weltkrieg beispiellose Fluchtbewegung in Europa ausgelöst hat. Anders als bei der Flüchtlingsbewegung der Jahre 2015/16 kommen nun auch verstärkt Kinder und Jugendliche, die hier beschult werden sollten.
Ihr Ankommen im deutschen Schulsystem verschärft erneut eine Problematik, die so neu nicht ist: Die Klassen an den Schulen sind pickepackevoll. Wer in den vergangenen Jahren mit schulpflichtigen Kindern umgezogen ist und versucht hat, einen Platz an einer Schule in Wohnortnähe zu finden, kann ein Lied davon singen. Der Klassenteiler in weiterführenden Schulen liegt bei 30 – anders als der Begriff suggeriert, wird die Klasse bei 30 aber nicht auf zwei Klassen geteilt, sondern die Zahl dient als Grundlage für die Lehrerzuweisung.
Manche Schulen in Mannheim hätten durchaus noch Räume frei, um weitere Klassen einzurichten. Räume stehen leer, in denen Bildung stattfinden könnte. Kleinere Klassen, in denen sich Lehrer stärker einzelnen Schülern zuwenden könnten, und Schüler, die aktiver am Unterricht teilnehmen könnten. Vorbereitungsklassen sind sicherlich ein guter erster Schritt, sie ersetzen aber nicht den Schulalltag mit all seinen Facetten.
Ein Klassenteiler von 23, wie er etwa von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft im Saarland gefordert wird, wäre ein Schritt hin zu mehr Flexibilität, der auch die aktuelle Situation mit den ukrainischen Schülern entschärfen könnte. Doch offensichtlich steht weniger der Bildungserfolg als die Kosten für zusätzliche Lehrkräfte im Fokus der Verantwortlichen. Jetzt hilft kein weiterer Aktionismus, sondern endlich eine nachhaltige Bildungspolitik. Nach all den Ängsten, die die ukrainischen Flüchtlinge durchleben, wäre es gut, wenn sie sich nicht auch noch mit einer Bildungspolitik in Schieflage befassen müssen.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Geflüchtete an Mannheimer Schulen: Alte Probleme zeigen sich!
Valerie Gerards fordert kleinere Klassen an den Schulen