Steigende Flüchtlingszahlen sind EU-weit ein Problem. Besonders schlimm ist die Situation in den Niederlanden. Dort ist die zentrale Anlaufstelle in der Provinz Groningen so überfüllt, dass Hunderte Menschen seit Wochen auf der Straße schlafen müssen. Auch die Zustände im Inneren gelten als katastrophal, kürzlich kam ein drei Monate altes Baby ums Leben.
In Deutschland sind die Verhältnisse zum Glück weitaus besser. Doch auch hier gibt es immer mehr Kommunen - auch in der Region - mit ausgeschöpften Kapazitäten. So sind in Mannheim 120 Flüchtlinge vorläufig in einem Arbeiterwohnheim im Rheinau-Hafen untergebracht. Das mag für Menschen geeignet sein, die den ganzen Tag in einer der umliegenden Firmen rackern und denen es nur um ein günstiges Bett geht. Asylbewerber indes dürfen bis zur Anerkennung in der Regel nicht arbeiten. Mit wenig Geld hängen sie zwangsweise viel in der abgelegenen Unterkunft rum. Die hat nicht mal WLAN. Doch ist eine Internetverbindung für Flüchtlinge immens wichtig, um mit ihrer Familie Kontakt zu halten und am neuen Ort zurechtzukommen.
Die Stadt sollte dieses Wohnheim schnellstmöglich aufgeben. Aber sie hat, wie viele Kommunen, vor allem wegen der Ukrainer große Unterbringungsprobleme. Nun darf man eine Flüchtlingsgruppe natürlich nicht gegen die andere ausspielen. Und dass die Menschen aus dem osteuropäischen Kriegsland hier einige Vorteile haben, lässt sich gut erklären: Ihr Konflikt ist sehr nahe, es gibt mit Russland einen klaren Aggressor, sie ähneln den Deutschen kulturell, es kommen vor allem Frauen und Kinder, keine alleinreisenden Männer. Zudem bekommen sie vergleichsweise unbürokratisch Hilfen und Zugang zum Arbeitsmarkt, der Staat hat aus Versäumnissen 2015/2016 gelernt.
All das ist gut. Dennoch darf man andere Flüchtlinge mit teils noch größerer Not nicht vernachlässigen. Da haben reiche Länder auch in wirtschaftlich mageren Zeiten eine Verantwortung.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Flüchtlinge aus anderen Ländern als der Ukraine darf man nicht vergessen
Angesichts der Kritik an "desolaten Zuständen" in einem Mannheimer Flüchtlingsheim warnt Steffen Mack davor, Menschen aus anderen Herkunftsländern als der Ukraine zu vernachlässigen