Es ist so banal wie erschreckend: Wenn Männer Frauen töten, liegt das daran, dass die Frauen sich nicht so verhalten, wie die Männer es erwarten. Der Mann will über die Frau verfügen, sie kontrollieren, Macht über sie ausüben. Erfüllt die Frau diese Rolle nicht, wird sie beleidigt, erniedrigt, geschlagen, gestalkt und im schlimmsten Fall getötet. Eine Tragödie, aber kein Einzelfall. Dahinter steht ein System, und das nennt sich Patriarchat.
Darum ist es auch so wichtig, von einem Femizid zu sprechen und nicht von einer „Beziehungstat“ oder einer „Familientragödie“. Denn dann geraten die zugrunde liegenden strukturellen Machtverhältnisse aus dem Blick. Der 18 Jahre alte mutmaßliche Täter von St. Leon-Rot tötete seine Ex-Freundin, weil sie ihn verlassen und so sein Weltbild, in dem die Männer die Frauen dominieren, zerstört hat.
Hilfe bei sexueller oder häuslicher Gewalt
Egal, ob Sie selbst, Angehörige oder Personen in Ihrem Freundeskreis von häuslicher Gewalt betroffen sind: Es gibt Möglichkeiten für Hilfe. Unter folgenden Telefonnummern und auf folgenden Internetseiten finden Sie Beratung und Unterstützung.
Bundesweit
Hilfetelefon "Gewalt gegen Frauen"
Das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ ist eine anonyme und kostenfreie Beratung für Betroffene, Angehörige, Freunde und Fachkräfte.
- Telefon: 08000 116 016
- Website: www.hilfetelefon.de
Opfer-Telefon des Weissen Rings
Unabhängig von Geschlecht, Alter, Religion, Staatsangehörigkeit und politischer Überzeugung erhalten Opfer oder Zeugen von Kriminalität bei uns schnelle und direkte Hilfe.
Bundesweit. Kostenfrei. Anonym. Ein Hilfsangebot des WEISSEN RINGS: 7 Tage die Woche von 7 bis 22 Uhr.
Telefon: 116 006
Website: www.weisser-ring.de/hilfe-fuer-opfer/onlineberatung
In der Region
Frauenhaus des Mannheimer Frauenhaus e. V.
Das Frauenhaus bietet Schutz für Frauen und deren Kinder vor Gewalt und Bedrohung in akuten häuslichen Gewaltsituationen. Die Mitarbeiterinnen beraten Betroffene bei der Lösung persönlicher Probleme und der Verarbeitung der Gewalterfahrungen.
- Telefon: 06 21 74 42 42
- E-Mail: fachbereich-frauen@frauenhaus-fiz.de
- Website: www.frauenhaus-fiz.de
Fraueninformationszentrum des Mannheimer Frauenhaus e. V.
Im Fachinformationszentrum des Mannheimer Frauenhauses werden Frauen zum Wohnungsverweis und Gewaltschutzgesetz nach häuslicher Gewalt, Unterstützung in schwierigen Trennungs- und Scheidungssituationen und bei Stalking beraten.
- Telefon: 0621 37 97 90
- E-Mail: fiz@frauenhaus-fiz.de
- Website: www.frauenhaus-fiz.de/fraueninformationszentrum
Frauen- und Kinderschutzhaus Heckertstift des Caritasverband Mannheim e. V.
Hier finden Frauen und deren Kinder Schutz, die sexuelle, körperliche oder seelische Gewalt erlebt haben oder davon bedroht sind, sowie für Frauen, die von einer Zwangsheirat betroffen oder bedroht sind.
- Telefon: 0621 411068 oder über die kostenlose Hotline 0800 1008121
- E-Mail: heckertstift@caritas-mannheim.de
- Website: www.caritas-mannheim.de
Ehe-, Familien- und Lebensberatung Mannheim
Die Familienberatung Mannheim berät bei körperlicher, psychischer, seelischer oder sexualisierter Gewalt. Zudem finden Betroffene hier Hilfe bei Ehe- bzw. Partnerschaftsproblemen oder Familienkonflikten.
- Telefon: 0621 155333
- E-Mail: info@eheberatung-mannheim.de
- Website: www.eheberatung-mannheim.de
Gewaltambulanz am Uniklinikum Heidelberg (Institut für Rechtsmedizin und Verkehrsmedizin)
Opfer von Gewalt können sich hier kostenlos rechtmedizinisch untersuchen lassen. Die Mitarbeiter dort sichern Spuren bei Gewalttaten. Es besteht keine Pflicht, die Täter anzuzeigen. Die Gewaltambulanz ist 24 Stunden erreichbar.
- Telefon: +49 152 54648393
- Website: www.klinikum.uni-heidelberg.de/gewaltambulanz
Weitere Stellen in der Region auf der Seite der Stadt Mannheim.
Die Ungleichheit der Geschlechterverhältnisse ist längst nicht überwunden. Frauen werden in unserer Gesellschaft benachteiligt, weil sie Frauen sind. Ein Blick in Vorstände, Parlamente, Schulrektorate und Lohnzettel genügt, um das festzustellen.
Fatal für die jüngere Generation, dass Influencerinnen und Influencer dieses Narrativ der Über- und Unterordnung bedienen, indem sie in ihren bezahlten Stories die Klischees in Perfektion vorleben. Zugleich üben Misogynisten, Frauenhasser, wie Andrew Tate mit ihren frauenfeindlichen Sprüchen großen Einfluss auf junge Männer aus. Von ihm sind Sätze überliefert wie: „Viele Leute glauben, dass Frauen individuelle Wesen sind. Dabei sind sie formbar. Durch uns Männer“.
Solange die alten Machtverhältnisse weiter bestehen bleiben, solange Frauen nicht gleichwertig behandelt, bezahlt, gefördert, beachtet werden, solange werden wir an jedem dritten Tag in Deutschland einen Femizid betrauern. Der Tod der 18 Jahre alten Schülerin war kein Einzelschicksal, er hält uns auf tragische Weise den Spiegel vor, wie weit verbreitet Gewalt gegen Frauen ist und wie tief die strukturellen Probleme reichen.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Femizid in St. Leon-Rot: Die Macht des Patriarchats ist noch da
Stefanie Ball mahnt, dass bei geschlechtsspezifischer Gewalt die Gesellschaft oft wegsieht. So bleibt der Blick auf dahinterstehende Machtstrukturen, die Frauen zu Opfern werden lässt, verstellt