Eigentlich hat Theodor Fontane schon vieles vorweggenommen, als er 1889 in Form einer Ballade die Geschichte des freigiebigen Herrn von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland erzählte. Als der alte Ribbeck seinen Tod nahen fühlt, verfügt er, dass ihm eine Birne mit in sein Grab gelegt werde. Aus dieser sprießt ein neuer Birnbaum, von dessen Früchten sich die Kinder weiterhin frei bedienen können, obwohl sein Erbe den Garten und den dortigen Baum fortan unter Verschluss hält. Der Tod wird bei Fontane zum Anfang von etwas Neuem – dieser tatsächlich tröstende Gedanke steht auch hinter der Idee des Berliner Unternehmens Circulum Vitae.
Allein: Juristisch ist das, was die Gründer vorhaben, bisher lediglich in Schleswig-Holstein genehmigungsfähig. Warum sich Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz auf Anfrage zunächst eher zugeknöpft zeigen, ist wenig verständlich. Eine CO2-neutrale Bestattungsalternative würde nicht nur hervorragend in diese Zeit der Klimakrise passen, sondern würde dem ewigen Kreislauf von Leben und Sterben eine sehr sichtbare neue Seite hinzufügen. Und zwar gerade in einer Epoche, in der der Tod aus der Mitte der Gesellschaft zu verschwinden droht – und vielfach hinter den verborgenen und einsamen Mauern eines Seniorenheims eintritt.
Zudem: Eine Gesellschaft, die sich mit zunehmender Geschwindigkeit verändert und dabei in ihrem Selbstverständnis dringend umweltsensibler werden muss, sollte konsequenterweise auch neue Methoden der Bestattung mitdenken. Die letzte Veränderung brachte vor vielen Jahrzehnten die Zulassung der Feuerbestattung in Deutschland. Wenn das die modernste Form des Umgangs mit Leichen hierzulande ist, dann sollte uns das zu denken geben.
Wem das jetzt zu einseitig ist: Selbstverständlich ist auch das herkömmliche Begräbnis im Sarg einigermaßen klimafreundlich. Aber: Diese klassische Form gibt es – wohl auch aus Kostengründen – immer seltener. Nur noch jeder Fünfte will auf diese Weise beigesetzt werden. Freilich kann auch nach einer Re-erdigung der Birnbaum nicht im eigenen Garten wachsen, weil die Friedhofspflicht nach wie vor Bestand hätte. Aber diese Form wäre das womöglich fruchtbarste Ende, das wir „erleben“ können.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Erde zu Erde: Ein fruchtbareres Ende gibt es nicht
MM-Redakteur Stephan Alfter plädiert für die Zulassung einer alternativen Bestattungsform, die im Gegensatz zum Krematorium klimaneutral funktioniert