Der Krieg hat Corona in den Hintergrund gedrängt. Angesichts des schrecklichen Geschehens in der Ukraine und der drohenden Folgen völlig zu Recht. Zumal die Pandemie auch mit den – wegen der niedrigen Covid-Patientenzahlen angemessenen – Lockerungen in vielen Bereichen an Bedeutung verliert. Und die wiedergewonnenen Freiheiten werden von vielen Menschen glücklich angenommen. Das ist nicht nur sehr verständlich, sondern kann auch hilfreich sein: Lebensfreude stärkt die Abwehrkräfte. Doch so richtig das alles sein mag, ergibt sich in der Summe eine gefährliche Wirkung. Das Virus ist noch da, von seiner Schädlichkeit hat es wenig bis nichts eingebüßt.
Davon zeugen die nach wie vor beängstigend hohen Infiziertenzahlen. In Köln etwa ist nach dem Karneval die Sieben-Tage-Inzidenz bei 20- bis 29-Jährigen auf über 5000 gestiegen. Aber weil aktuell wohl auch in Mannheim jeder jemanden mit Corona kennt, macht sich eine „Erwischen kann es mich ohnehin überall“-Mentalität breit. Das ist korrekt, nicht jedoch der Zusatz: „Egal, es trifft uns sowieso alle. Dann haben wir es hinter uns.“ Für Geboosterte, die keiner Risikogruppe angehören, ist eine schwere Erkrankung mit Omikron zwar wenig wahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen. Auch wegen Long Covid vermeidet man eine Ansteckung besser. Und gerade weil die jetzige Virusvariante eher schwach auftritt, wird sie zum Erlangen einer Herdenimmunität nicht reichen.
Boostern stagniert leider
Sollte im Herbst eine neue, gefährlichere Mutante auftreten, wären die Folgen fatal. Hier darf das Land nicht wieder sehenden Auges in den Abgrund schlittern. Auch wenn es, ebenso wie die unverändert wichtigen Hygieneregeln, viele nicht mehr hören können: Das einzig effektive Mittel zur Bekämpfung der Pandemie ist Impfen. Und zwar mehrfach. Das dritte Mal drei Monate nach dem zweiten, für Risikogruppen, medizinisches und Pflege-Personal noch ein zweiter Booster. Umso unverständlicher, wie die Impfquoten stagnieren. Vor allem das Gefälle zwischen zwei- und dreimal Immunisierten ist noch viel zu groß. Wo bleiben die staatlichen Ideen, dies zu ändern?
Auch wenn das buchstäblich ein Nebenkriegsschauplatz ist: Die Impfquote der Ukrainer liegt sogar nur bei 35 Prozent. Natürlich haben Menschen auf der Flucht ganz andere Sorgen, dennoch sollte man ihnen hier niederschwellige Impfangebote machen. Und bei der Gelegenheit generell die eingeschlafene Impfkampagne wachrütteln.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Eine unverändert gefährliche Pandemie: Das Virus ist noch da!
Steffen Mack über die unverändert gefährliche Pandemie