Die Energiewende in Deutschland hängt zwar nicht am seidenen Faden, aber in Abwandlung eines biblischen Gleichnisses geht womöglich eher ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass der im Norden produzierte Windstrom endlich ohne Hindernisse im energiehungrigen und wirtschaftsstarken Süden ankommt. Der Grund: Der Karlsruher Energieversorger EnBW – im Besitz der öffentlichen Hand – hat zwar kräftig in die Windparks investiert, aber der milliardenschwere Ausbau der Stromnetze kommt nur schrittweise voran.
Bis die fast 700 Kilometer lange Trasse Suedlink fertig ist, wird es noch lange dauern. Denn die Politik hat vor den Gegnern der Stromautobahn kapituliert, die meinen, dass die Energie wie von Zauberhand einfach so aus der Steckdose kommt. Weil Suedlink aber das ästhetische Empfinden mancher Leute stört, wird die Trasse unterirdisch verlegt. Das kostet viel Zeit und Geld. Statt 2022 wird es wohl bis 2028 dauern, und statt drei Milliarden Euro kostet das Ganze dann eben zehn.
Das ist schlecht für das Land Baden-Württemberg, zumal die grün-schwarze Landesregierung bei der Energiewende in den vergangenen Jahren ihre Ziele meilenweit verfehlt hat. Die Wirtschaft im Südwesten kann aber nicht auf ein grün-schwarzes Wunder warten, deshalb ist der Ausbau der Übertragungsnetze für sie überlebensnotwendig. Die EnBW will durch den Teilverkauf ihrer Tochter TransnetBW an frisches Geld kommen und die Energiewende forcieren. Auf den ersten Blick ist das eine geniale Strategie, weshalb die Landesregierung diese Pläne auch unterstützt. Es bleibt aber ein bitterer Beigeschmack. Von den vier Stromübertragungsnetzen in Deutschland ist nur das von TransnetBW komplett in staatlicher Hand. An den anderen sind auch ausländische Investoren beteiligt – wenn auch zum Glück keine aus Russland oder China. Ist da der Verkauf von kritischer Infrastruktur in denen Kriegszeiten wirklich besonders clever?
Zwar ändert ein Teilverkauf von TransnetBW nichts daran, dass der Staat über seine EnBW-Beteiligung noch immer den Finger drauf hat. Da er damit auch seine Finger drin hat, stößt es bitter auf, dass das Bieterverfahren abläuft wie früher die Sitzungen im Zentralkomitee der Kommunistischen Partei der Sowjetunion. Alles streng geheim. Keiner darf in der Öffentlichkeit etwas sagen. Auch nicht die Sparkassen im Südwesten, die beileibe keine Profitgeier sind. Nur: Mehr Transparenz könnte den Verdacht der Mauschelei leicht entkräften. Erst recht, wenn die Politik mit im Spiel ist.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Ein kritischer Deal
Walter Serif über den geplanten Teilverkauf von TransnetBW