Nein, eine Sternstunde der Demokratie war diese Sitzung des Gemeinderates von Edingen-Neckarhausen wahrlich nicht. Die Diskussion über die Benennung einer Straße nach dem Erfinder und bekennenden Nationalsozialisten Felix Wankel wurde vor allem im Vorfeld hinter verschlossenen Türen geführt, in einer Arbeitsgruppe und bei einem Vor-Ort-Termin unter Ausschluss der Öffentlichkeit mit den in der Straße lebenden Anwohnern.
Wie kontrovers es dabei zugegangen sein muss, lässt sich allenfalls aus dem Verlauf der öffentlichen Sitzung erahnen. Inhaltlich haben sich die Fraktionen kaum positioniert. Klare Worte zur Person von Wankel fand einzig Gemeinderat Edgar Wunder, der selbst einmal in dieser Straße gewohnt hat. Für ihn steht außer Frage, dass Felix Wankel Verbrechen begangen hat, für die er nach heutigem Recht bestraft würde. Nicht zuletzt deshalb ist Wunder davon überzeugt, dass der Straßenname die nächsten zehn Jahre nicht überleben wird.
Kein Ehrenmann, nach dem man eine Straße benennt
Ja, es ist gut, wenn die Gemeinde aufklären will über die Person von Wankel und über seine nationalsozialistische Vergangenheit. Aber warum zieht sie nicht selbst die Konsequenzen daraus? Man kann dem Gemeinderat von damals zugute halten, dass er bei der Entscheidung über den Straßennamen vor fast 20 Jahren nicht wusste, dass Wankel nicht nur Erfinder, sondern auch eingefleischter Nationalsozialist war. Aber spätestens seit der Aufarbeitung seiner Vergangenheit müsste den heutigen Ratsmitgliedern klar sein, dass Wankel kein Ehrenmann war, dem man eine Straße widmet.
Der Verweis auf den Willen der Anwohner überzeugt auch nicht. Zum einen ist nicht klar, wie viele der Haushalte bei dem Termin vertreten waren. Bestenfalls kann es kaum mehr als die Hälfte gewesen sein. Zum anderen ist es letztlich unerheblich, was die Anwohner einer Straße denken, wenn es um das Ansehen einer ganzen Gemeinde geht. Mit seiner Entscheidung hat sich der Rat von Edingen-Neckarhausen in die Riege von Schriesheim und Hirschberg eingereiht, wo es ebenfalls nicht den Mut zu einer eindeutigen Distanzierung von Nazis gab und gibt. Das ist eine vertane Chance und letztlich ein Bärendienst für die Demokratie.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Edingen-Neckarhausen fehlt der Mut zu klarer Entscheidung
Mit seinem Votum gegen die Umbenennung der Felix-Wankel-Straße hat der Gemeinderat von Edingen-Neckarhausen der Demokratie einen Bärendienst erwiesen, findet Hans-Jürgen Emmerich