Mannheim. Eine Mission hat die EU das Modellstadt-Programm genannt, bei dem 100 europäische Städte bis 2030 klimaneutral werden sollen. Weil es um die Bewältigung einer großen gesellschaftlichen Herausforderung gehe, vergleichbar dem Kampf gegen Krebs. Das also ist der Anspruch. Wer so große Töne spuckt, muss aber auch liefern. Sonst entstehen Frust und ein Glaubwürdigkeitsproblem.
Eineinhalb Jahre, nachdem Mannheim als Modellstadt ausgewählt wurde, ist jedoch noch nicht viel mehr herausgekommen als ein Qualitätssiegel. Das klingt nicht nach großer gesellschaftlicher Herausforderung, sondern eher nach Tourismusförderung im Schwarzwald. Beim entscheidenden Punkt aber, der Finanzierung dieser historisch einmaligen Transformation, bleibt die EU die Antwort schuldig – und zeigt mit dem Finger auf andere. Das ist zumindest peinlich, eher beschämend, vielleicht sogar desaströs.
Denn sie stößt damit nicht nur die 100 motiviertesten und ambitioniertesten Städte Europas vor den Kopf. Sondern schreckt auch alle anderen eher ab, anstatt sie zu animieren, ebenfalls schnell Klimaschutzmaßnahmen umzusetzen. Das Schlimmste aber ist, dass dies eine Steilvorlage ist für all jene, die den Klimawandel ohnehin nicht so ernst nehmen.
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Klar ist auch: Ohne substanzielle Hilfe von EU, Bund und Land kann weder Mannheim noch eine andere deutsche Großstadt so schnell klimaneutral werden. Es steht also viel auf dem Spiel. Das muss man auch in Brüssel, Berlin und Stuttgart endlich verstehen – und den vielen warmen Worten konkrete Zusagen folgen lassen.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Die EU stößt ihre Modellstadt Mannheim vor den Kopf
Obwohl die EU Mannheim als erste deutsche Modellstadt in Sachen Klimaneutralität ausgezeichnet hat, ist die entscheidende Frage noch offen. Das ist peinlich bis desaströs, kommentiert Martin Geiger