Kommentar Die CDU lebt wieder

Jörg Quoos über den deutlichen Wahlsieg in Schleswig-Holstein: Der Triumph von Daniel Günther kann eine politische Trendwende einläuten

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Jörg Quoos
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Ein klarer Wahlsieg. Nichts hat die Union mehr gebraucht als das. Seit 2021 haben die deutschen Konservativen Wahl um Wahl verloren. Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Mecklenburg-Vorpommern, Berlin, die Bundestagswahl, das Saarland – nirgends konnte die Union Regierungspartei werden und den Spitzenjob besetzen. Einzig Reiner Ha–seloff gelang es, mit dem Sieg in Sachsen-Anhalt so etwas wie einen Ehrentreffer für eine Mannschaft zu erzielen, die schon lange am Tor vorbeischießt.

Deshalb ist dieser Wahlsieg so wichtig. Der Triumph von Daniel Günther in Schleswig-Holstein mit einem Ergebnis von deutlich über 40 Prozent haucht der gebeutelten CDU dringend benötigte Lebenskraft ein.

Günther braucht maximal noch einen statt bislang zwei Partner, das wird ihm das Regieren noch leichter machen. Sogar zusammen mit dem kleinen Südschleswigschen Wählerverband würde es reichen. Günthers spektakulärer Sieg könnte jetzt für das letzte Quentchen Rückenwind sorgen, das Hendrik Wüst in wenigen Tagen in Nordrhein-Westfalen noch braucht.

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Mit dem freundlichen Politikwissenschaftler Günther hat der neue CDU-Chef Friedrich Merz einen strahlenden Sieger und zugleich einen scharfen innerparteilichen Konkurrenten an seiner Seite. Daniel Günther war im unionsinternen Machtkampf kein Unterstützer von Friedrich Merz. Und natürlich ist der CDU-Chef machtbewusst und hat bei seinem wiederholten Sturmlauf auf die Parteispitze das Kanzleramt im Kopf gehabt. Dieses Ziel von Merz könnte jetzt ein triumphierender Parteifreund gefährden.

Bei der nächsten Bundestagswahl im Herbst 2025 wird Friedrich Merz fast 70 Jahre alt sein, Daniel Günther 52. Siegt Wüst in Nordrhein-Westfalen, käme ein 50-Jähriger dazu. Dann wären eher Günther oder eventuell ein NRW-Ministerpräsident Wüst Unionskanzlerkandidat mit Zukunftsperspektive. Das weiß Friedrich Merz. Und es wird spannend werden, diesen innerparteilichen Machtkampf von Alt gegen Jung zu beobachten.

Vielleicht fügt sich Merz auch, begräbt eigene Ambitionen und baut einen jungen Kanzlerkandidaten gezielt auf. Aber welchen?

Für die SPD war die Wahl an der Küste ein Flop mit Ansage. Zu unbekannt und als grüner Überläufer nicht authentisch genug für echte Sozialdemokraten – Thomas Losse-Müller war ohne echte Chance und der falsche Spitzenkandidat. Das schwächt die Parteispitze der Sozialdemokraten und den Kanzler in einer sensiblen Phase.

Scholz war mit einem riesigen Vertrauensvorschuss gestartet und hat überraschend schnell an Strahlkraft und Zustimmung verloren. Sollte die „Herzkammer der Sozialdemokratie“ nicht zu erobern sein, kann die Stimmung in der Partei – aber auch bei den Wählern – gewaltig ins Rutschen kommen.

Das hätte Folgen bis in die Ampelkoalition hinein, wo bei genauem Betrachten schon Haarrisse zu erkennen sind. Der harte Streit zwischen Grünen und Sozialdemokraten um die Waffenlieferungen war nur einer davon. Dass die FDP und nicht die Grünen in Schleswig-Holstein Federn lassen musste, ist ein Warnsignal für Christian Lindner und seine Liberalen.

Ganz offensichtlich profitieren die Grünen stärker als die Freidemokraten von der Ampelkoalition. Die FDP muss also aufpassen, dass sie ihre DNA in dem Dreierbündnis nicht verliert.

Diese Wahlentscheidung in Schleswig-Holstein könnte also der Beginn einer innenpolitischen Trendwende sein. Ob es wirklich so kommt, werden die Wählerinnen und Wähler in Nordrhein-Westfalen schon am nächsten Sonntag entscheiden.