Die best-mögliche Lösung oder ein Patzer in der Planung? Einen Radschnellweg in einem rechtwinkligen Knick so anzulegen, dass der Radverkehr zum Anhalten quasi gezwungen wird, während der Autoverkehr wie eh und je gefühlt freie Fahrt hat, das ist schon ein starkes Stück. Die jetzt fertiggestellte Einmündung am Mannheimer Neckarplatt ruft zu Recht die scharfe Kritik des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) und des Mannheimer Bündnisses Fahrradstadt hervor. Und das umso mehr, als die beiden Verkehrsverbände seit Ende 2021 auf die problematische Planung hinweisen und Verbesserungen vorgeschlagen haben.
Die großen Summen kommen zumeist dem Autoverkehr zugute
Nicht überall können Verkehrsplaner alles Wünschenswerte zu 100 Prozent erfüllen – zum Beispiel, weil der Platz nicht reicht oder rechtliche Regelungen entgegenstehen. Im Neckarplatt wäre es aber machbar gewesen, sagen die Kritiker und verweisen darauf, dass der Radschnellweg im weiteren Verlauf durch die Au vorbildlich alle Anforderungen des Planungsrechts erfülle. Es geht also.
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Der Streit um die immerhin knapp fünf Millionen Euro teure Neuordnung des Verkehrs im Neckarplatt weist aber auch auf ein übergeordnetes Problem hin, das an vielen Baustellen des Radverkehrs zu beobachten ist. Sei es am Luisenring (gerade im Bau), in der Augustaanlage, der Bismarckstraße und an vielen anderen Stellen in der Stadt: Die großen Summen beim Bau von Fahrradspuren und Fahrradstraßen kommen zumeist dem Autoverkehr zugute, weil mit den Millionenbeträgen bei genauer Betrachtung eigentlich Auto-Fahrbahnen saniert und Parkplätze neu angelegt werden. Die Farbe für den Radstreifen ist dann nur noch Nebensache.
Das muss sauberer als bisher getrennt werden. Dann würde auch klarer, für was im Neckarplatt nun eigentlich das meiste Geld ausgegeben worden ist. Wer auf Auto-Fahrbahn und Abstellplätze tippt, liegt nicht ganz falsch. Und ein Letztes noch: Mindestens genauso absurd schlecht gemacht wie der „Brutal-Knick“ im Radschnellweg am Neckarplatt ist die Gefahr-Kreuzung der Berliner (Fahrrad-) Straße mit der autobevorrechtigten Tullastraße.
Mannheim sollte derartige Planungspatzer im Radverkehr nicht zur Tradition werden lassen. Denn mit ein wenig Asphalt, Farbe, der Umstellung der Beschilderung und gutem Willen sollte es möglich sein, im Neckarplatt (und wahrscheinlich auch in der Berliner Straße) auch nachträglich noch dafür zu sorgen, dass das Nötige realisiert wird: Der Vorrang fürs Fahrrad.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Der Vorrang fürs Fahrrad muss endlich spürbar werden
Ein Radschnellweg mit einem "brutalen rechtwinkligen Knick" und Vorfahrt für Autos? Die Stadt Mannheim hält das für die beste Lösung. Kommentator Thorsten Langscheid sieht das völlig anders