Mannheim. Es ist geltendes Recht und wird missachtet“, sagen die einen. „Jetzt will mir der Staat auch noch vorschreiben, wie ich meinen Vorgarten zu gestalten habe“, sagen die anderen: Der Streit um die sogenannten Schottergärten in Mannheim ist ein ganz gutes Beispiel für das gesellschaftliche Zerwürfnis unserer Zeit. Auf der einen Seite stehen engagierte Umweltschützer, die zurecht darauf hinweisen, dass die tristen Steinwüsten schlecht für Tiere und Klima sind. Auf der anderen Seite stehen Bürgerinnen und Bürger, denen der Staat ohnehin schon viel zu viele Vorschriften erlässt und so ihre individuelle Freiheit beschränkt. Und mittendrin steht eine Stadtverwaltung, genauer gesagt ein Bauamt, das noch zahlreiche weitere Baustellen hat, die vielen wichtiger erscheinen: Wohnungsmangel, Konversion, steigende Mieten, Konzept für den Innenstadt-Verkehr. Baubürgermeister Ralf Eisenhauer (SPD) und sein Team sind also wahrlich nicht zu beneiden. Trotzdem ist das Vorgehen bei der Auseinandersetzung um die Schottergärten nur schwer zu begreifen.
Transparente Kommunikation vermeidet Ärger und Frust
Mag sein, dass Rückbau-Verfügungen rechtlich schwer durchzusetzen und die Verfahren langwierig sind. Aber hätte das nicht schon klar sein müssen, bevor für 70 000 Euro eigens eine Stelle dafür geschaffen wurde? Auch dass im Außendienst zur rechtlichen Absicherung zwei Mitarbeitende notwendig sind, sollte für die Verwaltung einer Großstadt keine Überraschung sein. Man hätte schon erwarten dürfen, dass solche Probleme zu Beginn einer auf zwei Jahre befristeten Projektstelle thematisiert werden – und nicht ein halbes Jahr vor deren Auslaufen.
So überwiegen bei den Beteiligten Ärger und Frust. Und das Baudezernat, das sich zuletzt etwa beim Verkehrsversuch, bei der Bearbeitung von Bauanträgen oder der Erstellung des Mietspiegels ohnehin nicht mit Ruhm bekleckert hat, erscheint wieder in einem unglücklichen Licht.
Eine klare und transparente Kommunikation von Beginn an hätte das vermutlich verhindert. Und sie hätte die Möglichkeit eröffnet, etwa über verstärkte Aufklärungsarbeit oder weitere freiwillige Angebote, Brücken zu bauen zwischen engagierten Umweltschützern und frustrierten Bürgern. Auf diese ist nicht nur die selbst ernannte Klimahauptstadt Mannheim angewiesen, die in so vielen Bereichen vom Engagement ihrer Einwohnerinnen und Einwohner abhängt. Sondern wir alle in diesen polarisierten Zeiten.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Der Streit um Mannheims Schottergärten zeigt das Zerwürfnis
Für Mannheims Umweltschützer unternimmt die Stadtverwaltung im Kampf gegen Schottergärten zu wenig. Das Vorgehen des Baudezernats ist schwer zu begreifen, findet Martin Geiger