Kommentar Bei der Aufwertung von Mannheims Marktplatz-Viertel sind viele Seiten gefordert!

Stadtverwaltung, Händler und weitere Akteure wollen das Marktplatz-Viertel aufwerten und Vertrauen zurückgewinnen. Damit das gelingt, stehen alle Beteiligten vor großen Aufgaben, kommentiert Sebastian Koch

Veröffentlicht
Kommentar von
Sebastian Koch
Lesedauer

Ein Punkt vorweg: Man darf und kann aus dem Attentat auf dem Marktplatz nichts Positives gewinnen. Dafür waren Tat und Folgen zu brutal, zu dramatisch. Deshalb wäre es makaber, ja gänzlich falsch, davon zu sprechen, das Attentat führe dazu, dass das Viertel rund um den Platz aufgewertet werden kann, weil Probleme dadurch sichtbar geworden sind.

Vielmehr ist es so, dass im Pressegespräch zahlreiche Probleme angesprochen wurden, die seit Jahren wortwörtlich auf der Straße liegen. Etwa die an manchen Orten teilweise brachliegende Breite Straße, die offensichtlich auch dem Handel rund um den Marktplatz Kopfzerbrechen bereitet. Die Verschmutzung von Straßenzügen oder organisierte Bettlerbanden sind weitere Probleme im Viertel, die es aber - das gehört zur Wahrheit dazu - keinesfalls exklusiv hat. Das sind seit Jahren gewaltige Ärgernisse in der gesamten Innenstadt. Sie zeugen auch von einer diesbezüglich in Teilen mindestens missglückten Politik.

Innenstadt

Händler rund um Mannheimer Marktplatz verzeichnen starken Umsatzrückgang

Veröffentlicht
Von
Sebastian Koch
Mehr erfahren

Bitter stößt die Erkenntnis von Dezernent Thorsten Riehle auf, dass die Stadtgesellschaft im, wie er es nennt, „Schwarzweiß-Denken“ zwischen „den“ Muslimen und „uns“ anderen offenbar doch nicht so weit ist wie erhofft. Die politische Stimmung der vergangenen Jahre, forciert durch soziale Medien und rechte Parteien, hat dies allerdings auch bereits befürchten lassen. Im Viertel rund um den Marktplatz zeigt sich diese Stimmung nach dem Attentat nun aber deutlich. Bitter ist diese Erkenntnis auch deshalb, weil Mannheim eben eine vielfältige Gesellschaft hat, für deren Zusammenleben es ein anderes Denken braucht.

Daran aber müssen rund um den Marktplatz beide Seiten arbeiten. Es ist richtig, das Viertel aufwerten und neu gestalten zu wollen. Das muss aber nicht nur zu mehr Sauberkeit, mehr gefühlter Sicherheit oder weniger organisierten Bettlerbanden führen. Auch das Angebot muss der gewünschten Vielfalt entsprechen. Das ist zurzeit nicht der Fall, würde ein Zusammenhaltsgefühl in der Stadt aber enorm unterstützen. So liegen in diesem Prozess, wie auch in dem für die Fressgasse, viele Chancen. Wenn diese genutzt werden, kann das eine Blaupause für die gesamte Innenstadt sein.

Redaktion Reporter in der Lokalredaktion Mannheim & Moderator des Stotterer-Ppppodcasts

VG WORT Zählmarke