Mannheim. Es wäre ein gewaltiges Projekt – wenn es denn überhaupt jemals Wirklichkeit wird: ein mehrere Kilometer langer Güterzugtunnel unterhalb des Mannheimer Stadtgebiets. Im Planungsprojekt der Bahn für den Streckenabschnitt Mannheim-Karlsruhe wurden jetzt erstmals mögliche Korridore für einen solchen Tunnel ausgemacht, genauso wie für eine weitgehend oberirdische Umfahrung am östlichen Stadtrand. Ja, es sind nicht mehr als erste Überlegungen. Aber schon die lassen erahnen, wie spektakulär ein solches Verkehrsprojekt sein wird – und wie teuer. Im südbadischen Offenburg soll bis 2035 ein rund elf Kilometer langer Güterzugtunnel entstehen, der knapp vier Milliarden Euro kostet. Das ist die Größenordnung, um die es geht.
Schon jetzt reicht der Platz auf den Schienen in Deutschland nicht aus, und mit Blick auf den Klimaschutz sollen künftig richtigerweise noch mehr Personen und Waren per Zug transportiert werden. Gleichzeitig will die Bahn nach eigenen Angaben auch ihre Fahrpläne besser einhalten, als sie das im Moment tut. Damit ist klar: Sie muss ihr Netz ausbauen. Das gilt auch für den Abschnitt zwischen Mannheim und Karlsruhe, wo Trassen für zwei zusätzliche Gleise gesucht werden. Die Tunnel- und Umfahrungspläne im Stadtgebiet sind Teil dieses geplanten Ausbaus – und nur darum geht es der Bahn. Nicht um mehr Lärmschutz für Mannheim, wie ihn Kommunalpolitik und Anwohner-Bürgerinitiativen fordern. Der Lärmschutz wäre im besten Fall eine gute Begleiterscheinung.
Hinter einem solchen Tunnel oder einer Umfahrung stehen allerdings jede Menge Fragezeichen, gerade auch mit Blick auf die Kosten. Denn bereits das bestehende Bahnnetz braucht dringend eine Sanierung, Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) hatte kürzlich angekündigt, das Kernnetz bis 2030 erneuern zu wollen. Ein notwendiges, aber auch ehrgeiziges Ziel, weil es viele Milliarden verschlingen wird. Gleichzeitig hat der Bund, der auch einen Tunnel in Mannheim finanzieren müsste, infolge des Kriegs in der Ukraine noch jede Menge andere finanzielle Baustellen. Im Moment kann einem durchaus die Fantasie fehlen, dass da – auch mit Blick auf rasant steigende Baukosten – noch genügend Geld für Neubauprojekte wie einen Bahntunnel in Mannheim übrig sein wird.
Aber es bleibt dabei: Der Ausbau von Bahn-Infrastruktur ist eine sinnvolle Investition in den Klimaschutz. Und richtig nachhaltig wird sie erst, wenn sie auch den Schutz der Anwohner vor Lärm berücksichtigt.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Bahntunnel in Mannheim: Ein spektakuläres Projekt - und ein teures!
Timo Schmidhuber hält einen Ausbau der Bahn-Infrastruktur und einen Bahntunnel in Mannheim für sinnvoll. Er bezweifelt aber, dass der Bund genügend Geld für alle Wünsche hat