Mannheim. Es ist ein Horrorszenario, das wohl niemand beim unbeschwerten Planschen je erleben möchte: Lediglich ein unachtsamer Moment genügt, dann ist plötzlich das eigene Kind, der Bruder oder die Freundin im Wasser verschwunden. Wie schwer es ist, für Laien einen untergegangen Menschen etwa im trüben See wiederzufinden, zeigt die Geschichte von Lebensretter Boris Münzer, der einen 15-Jährigen im Vogelstangsee aus dem Wasser gezogen hat.
Dass diese Rettungsaktion erfolgreich war, hat aber nur wenig mit Glück zu tun. Denn der Sportlehrer und leidenschaftliche Schwimmer kennt nicht nur das Problem mit den Nichtschwimmern aus seinem eigenen Unterricht. Sondern war auch in der Lage, seine Kräfte realistisch einzuschätzen, hat erst vor Kurzem einen Erste-Hilfe-Kurs wiederaufgefrischt. Seiner und der Aufmerksamkeit der anderen helfenden Badegäste ist es zu verdanken, dass der Jugendliche nicht still ertrunken ist. Denn richtiges Retten will gelernt sein – sonst sind am Ende gleich mehrere in Not. Das ist zwar leicht gesagt, aber bei der Recherche zum Thema merke ich selbst: Obwohl ich oft im und auf dem Wasser bin, noch dazu in unbewachten Gewässern, fehlt mir dieses Wissen komplett, würde ich deswegen wohl einen Ertrinkenden gar nicht erst erkennen – geschweige denn reanimieren können. Dabei würde dieses Wissen wahrscheinlich Leben retten, schließlich zählt in solchen Fällen jede Sekunde. Warum also darauf warten, dass andere im Ernstfall helfen, wenn ich selbst etwas tun kann? Deshalb will ich nun einen Schritt weitergehen – und mich zur Rettungsschwimmerin ausbilden lassen. Schließlich können die Kräfte der DLRG nicht überall sein. Weil die Gefahr zu Ertrinken an unbewachten Gewässern deutlich höher ist, sind Badegäste, die aufeinander achtgeben, dort wie eine Lebensversicherung. Selbstverständlich bleibt das Schwimmenlernen, am besten schon ab der 1. Klasse, wie Ex-Schwimmstar Franziska van Almsick fordert, weiterhin lebenswichtig.
Gut also, dass dieses Thema bei der Landesregierung offenbar endlich ernst genommen wird: So hat das Kultusministerium in Stuttgart kürzlich erklärt, das Programm für landesweit kostenlose Anfängerkurse zu verlängern. Das soll die Schwimmfähigkeit von Kindern im Vorschulalter verbessern. Bis aber all diese Kinder sich wirklich sicher über Wasser halten können, sind wir Schwimmer und Badegäste gefragt, werden aufmerksame Lebensretter und Retterinnen gesucht.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar An unbewachten Gewässern sind achtsame Badegäste wie eine Lebensversicherung!
Immer mehr Kinder können nicht schwimmen - und viele Erwachsene wissen nicht, wie man im Notfall Ertrinkende rettet. Zeit, das zu ändern, findet Lisa Wazulin und fordert von allen, in dieser Saison aufeinander acht zu geben