Mannheim. Möglichst vielen einen möglichst einfachen wie mühelosen Zugang zur Kultur zu ermöglichen, ist, grob gesagt, eines der hohen Ziele des Kulturstaatsvertrages. Die Förderung von Kunst und Kultur wurde im Rahmen kulturpolitischer Debatten mit immer neuen Rechtfertigungen verbunden. Ging es einst vor allem um ein Hegen und Pflegen des „Schönen, Wahren und Guten“, ist seit den 1970er Jahren (Stichwort: „Kultur für alle“) Kulturpolitik zunehmend mit anderen Motiven verknüpft vor allem aus der Sozial-, Bildungs- und Entwicklungspolitik.
Zudem wird Kultur auch als ökonomischer Standortfaktor verstanden, gilt doch die Kulturwirtschaft als eine beschäftigungs- und umsatzstarke Branche. Dazu ist sie meist sexy, oder zumindest attraktiv, für potenzielle Arbeitnehmer und Arbeitgeber, wenn sie als sogenannter weicher, im Grunde aber knallharter Standortfaktor zu guter Infrastruktur, funktionierendem ÖPNV, Sport-, Einkaufs- und Freizeitmöglichkeiten hinzukommt. An einem solchen Ort lässt sich die gesuchte Fachkraft gerne nieder. Wo man singt, da lass dich nieder, böse Menschen kennen keine Lieder.
Hat eine Gemeinde aber nicht nur Musik zu bieten, sondern auch gesellschaftspolitisch ambitioniertes Sprechtheater, das dazu beitragen möchte, von der moralischen Schaubühne herab Mensch und Welt zu verbessern, dann befinden wir uns in einer idealtypischen Stadt. Nennen wir sie Mannheim.
Sprachen wir eingangs nicht von niederschwelligem, problemlosen Zugang? Dann können wir nicht von Mannheim sprechen! Wer nämlich in die Ersatzspielstätte Altes Kino des Nationaltheaters auf Franklin gelangen will, bekommt buchstäblich Steine und Plastikabsperrungen in den Weg gelegt. Hilfe, wo geht’s hier zum Theater? Und das schon seit dem 10. Feb-ruar 2023.
Wie komme ich zur Kunst? Mit der Linie 5, nicht 5a (sonst grüßt man aus Heddesheim), klar. Vor Ort ist die Verkehrsführung dann ebenso verheerend wie am anderen Ende des Viertels, bei der Franklin-Klinik. Wie komme ich über die Straße? Warum ist rundum alles hinweislos verbarrikadiert? Da stehen sich Kulturstaatsvertrag und städtische Baustellenverhältnisse buchstäblich im Wege. Beim Theaterbesuch heißt es: Über Stock und Stein, aber brich dir kein Bein! Kunst ist eben doch noch oft nur auf Umwegen zu erreichen.
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