Das ist also das neue Verbaltaschenspiel für Familien, das zu Gesprächen im trauten Kreis anregen soll mit Phrasen wie diesen: „Ausgehverbote sind der Fantasie verboten“. „Weinen ist am Ende des Tages eine gute Idee“. „Influencer sind echt eine Katastrophe“. „Achtsamkeit ist sowieso fake“.
Solche Konstruktionen erinnern doch eher an pseudophilosophische Ergüsse bekiffter Studierender als an ernst gemeinte Tischgespräche. Verantwortlich ist ein kleiner, unscheinbarer Block in bunten Farben, der zur Diskussion anregen soll. Mit Hilfe des (Achtung: hochtrabender Titel) „Moral-o-mat“ können mit Schwesterherz, Oma und Opa oder wahlweise auch dem, nun ja, vielleicht ja nicht ganz so sehr geliebten Stiefvater Konversationen über vielschichtige Themen wie das Patriarchat, die Klimakrise oder Harry Potter geführt werden. Es ergeben sich nie da gewesene Blickwinkel. Oder hätte jemand spontan daran gedacht, dass die Klimakrise in Amerika vom Aussterben bedroht ist? Darüber lässt sich bekanntermaßen streiten. Möglicherweise hilft da ja einer von Harry Potters Patronuszaubern.
Ähnlich dem Prinzip einer Mix-Max-Kreation lassen sich, wohl überlegt oder rein zufällig, Gesprächsthemen generieren. Im Gespräch wird das Ausmaß situierten Wissens deutlich. Denn wo ein Kind über eine vermeintliche Anomalie unschuldig zu lachen beginnt, haben sich gesellschaftliche Normvorstellungen bereits manifestiert.
Das Spiel regt dazu an, diese aufzubrechen. Jung und Alt sind herzlich dazu eingeladen, Veganismus bei Hacksteak, die Gender-Debatte bei einem Glas Milch oder das Prinzip von Disziplin beim dritten Stück Kuchen zu diskutieren. Und wenn die Kinder im Bett sind vielleicht auch über Harry Potter zu reden. Bei einem Glas Butterbier, versteht sich.
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