Zeitzeichen

Jean und Paul, Sean und LIam - Augen auf bei der Namensgebung

Augen auf bei der Wahl des Vornamens! Das rät unser Kolumnist Ralf-Carl Langhals. Die Nachwelt hält dann nicht selten auch Überraschungen für die Aussprache des Nachnammens bereit

Von 
Ralf-Carl Langhals
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Mit Familien- und Vornamen ist das ja so eine Sache, vor allem, wenn dieser ein fremdsprachlicher ist. Nicht wenige Kinofreunde bestehen etwa darauf, den britischen Schauspieler Liam Neeson „Leiam“ zu nennen, obwohl er muttersprachlich unstrittig ein „Liäm“ ist. Mittlerweile seltener wird Ur-James-Bond Sean Connery sprachlich zum „Sihn“, wo er doch ein quasi-französisch nasaler „Schooa“, also Jean war.

Nicht nur vor Filmstars, auch vor der Literatur, vielmehr ihren Schöpfern, macht die deutsche Zunge nicht Halt. Schriftsteller Ian McEwan wird zum oftgehörten „Eian“, wo er im Englischen doch ein schlichter „Iän“ ist.

Härter noch trifft es einen deutschen Literaten, der sich seit 1825 nicht mehr wehren kann: Jean Paul. Der gute Mann, Jahrgang 1763, Autor von Werken wie „Siebenkäs“, „Hundposttage“, „Der Jubelsenior“ oder „Der Komet“ steht literaturgeschichtlich zwischen Klassik und Romantik, hat es aber nicht ganz so zu Berühmtheit gebracht wie seine Kumpels Schlegel, Tieck, Schleiermacher oder Fichte.

Dabei konnte der Mann dichten und denken, dass er Preußens berühmter Königin Luise „eine Sonne“ und dem Philosophen Friedrich Hegel eine Wonne war.

Im schönen Heidelberg verlieh ihm die Universität 1817 auf Hegels Vorschlag (nach einem Trinkgelage mit ordentlich Punsch) einen Ehrendoktortitel. Das waren noch akademische Karrieren! Seinem Bekanntheitsgrad hat es nichts genutzt. Vielleicht auch weil Schiller und Goethe ihn nicht leiden konnten.

Doch das Drama ist noch nicht zu Ende: Selbst Leute, die ihn oder zumindest seinen Namen kennen, sprechen ihn meist falsch aus. Der in Wunsiedel geborene und in Bayreuth verstorbene - und somit deutsche - Mann hieß mit Familienname Paul. Seinen Vornamen Johannes französisierte er - selbst schuld könnte man sagen - aus Bewunderung für Jean-Jacques Rousseau zu Jean.

Leider machte ihn die Nachwelt spätestens seit Jean-Paul Sarte und Jean-Paul Belmondo meist zum „Schoa Poll“, weil das so schön französisch, altklug und gebildet wirkt. Augen auf also bei der Wahl des Vornamens. Niemand wäre auf die Idee gekommen, ihn Johannes „Poll“ zu nennen, dafür hätten allein schon die Namen zweier Päpste gesorgt.

Ob ihm das Recht gewesen wäre? Na ja, auch das ist dann wieder so eine Sache ...

Redaktion Seit 2006 ist er Kulturredakteur beim Mannheimer Morgen, zuständig für die Bereiche Schauspiel, Tanz und Performance.

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