Gigi D’Agostino kann einem leidtun. Der italienische Hit-DJ hatte nicht nur eine schwere Krankheit zu verkraften, die ihm erst im Januar 2024 wieder erste Auftritte ermöglichte. Dann muss der 56-Jährige durch Presseanfragen erfahren, dass sein Hit „L’amour Toujours“, Titelsong seines erfolgreichsten Albums aus dem Jahr 1999, von geistig-moralisch minderbemittelten Deutschen für ausländerfeindliche Parolen gekapert wurde. Jetzt sorgt sich auch noch die AfD-Landtagsfraktion um seine Einnahmen, nachdem unter anderem Wiesn-Chef Clemens Baumgärtner den Betrieben, DJs und Kapellen auf dem Oktoberfest verboten hat, die eigentlich völlig harmlose Techno-Nummer zu spielen. Tatsächlich entgehen D’Agostino dadurch theoretisch Gema-Einnahmen, wie der Mannheimer Komponist Peter Seiler, lange Jahre Tantiemen-Experte an der Popakademie, auf Anfrage bestätigt: Jeder aufgeführte Song auf jedem noch so kleinen Volksfest werde einzeln abgerechnet. Ob D’Agostino wirklich gute Chancen hätte, etwaige Verluste einzuklagen, wie die AfD behauptet, darf trotzdem bezweifelt werden: Wie soll er denn nachweisen, dass das Lied ohne Verbot tatsächlich gespielt worden wäre – und wie oft?

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Ansonsten ist die Rechtslage eindeutig: Im Wortsinne verbieten kann man weder ein Lied, nicht mal das unselig-unsinnige „Layla“, noch missliebige Konzerte, wie es bei so verschiedenen Künstlern wie Frei.Wild oder Xavier Naidoo immer wieder mal recht uninformiert gefordert wurde. Es sei denn, es sind konkrete Straftaten zu erwarten, wie das Zeigen des Hitler-Grußes. Aber natürlich kann niemand einem Veranstalter verbieten, per Hausrecht Auflagen zu machen. Und wenn eigensinnige DJs plötzlich Free Jazz oder norwegischen Blutsäufer-Metal im Käferzelt spielen würden, wäre das vermutlich nicht optimal für den Maß- und Hendl-Absatz – und sie würden relativ schnell daran erinnert, was auf Volksfesten zum guten Ton gehört.
D’Agostino selbst ist ohne Arg, mag Medienberichten zufolge den Vorgang auf Sylt und die Folgen nicht kommentieren und sagt zum Inhalt des missbrauchten Songs nur so viel: Dass es um den Wunsch gehe, die Familie fest zu umarmen und Danke zu sagen, „Worte der Liebe zu singen und gemeinsam zu tanzen. Das ist die einzige Bedeutung, die mein Lied hat.“ Im Sinne der Liebe empfehlen wir einfach die Verwendung seiner ähnlich großen Hits wie „Bla Bla Bla“, „The Riddle“, „Another Way“ oder „La Passion“. Dann gibt es auch Tantiemen und stimmungstechnisch wie musikalisch ist der Unterschied marginal. Jörg-Peter Klotz
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