Mannheim. Wasser ist Tabea Wasserfalls Element. Es fließt, sprudelt, spritzt in weiß-blau-gräulichen Farben auf ihren Leinwänden, nicht immer als solches erkennbar, aber immer in Bewegung. „Wasser fasziniert mich, ich entdecke immer wieder neue Strukturen und Farben, und je näher ich rangehe, desto mehr stellt sich die Frage, ob es überhaupt Wasser ist“, erzählt die Mannheimer Künstlerin. In ihrem persönlichen Leben spielt Kunst schon lange eine große Rolle, inzwischen ist es ihr Lebensmittelpunkt, und sie verdient sogar Geld damit.
Wasserfall ist gerade 23 Jahre alt, 2021 hat sie, mitten in der Corona-Pandemie, ihr Abitur am Bach-Gymnasium in Mannheim absolviert. Seitdem studiert sie Freie Kunst an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe.
Ihre erste Einzelausstellung fand 2024 beim Mannheimer Galeristen Arndt Theuer statt. Dort musste sie dann schweren Herzens Abschied nehmen von einem der ersten Bilder ihrer Wasser-Reihe. Gleich am Eröffnungsabend sei es verkauft worden. „Ich hätte mir das nicht besser vorstellen können, und ich konnte die Käuferin kennenlernen, ich wusste, das Bild ist in guten Händen, aber es war ein schwerer Abschied“, sagt Wasserfall. Sie habe viele Bilder, die ihr am Herzen liegen, schließlich habe sie viel Zeit mit ihnen verbracht.
Die Malerei hat die Mannheimerin im Teenageralter für sich entdeckt
Doch Abschied nehmen muss die junge Künstlerin häufiger, der Ausstellung in Mannheim sind weitere in Karlsruhe, Düsseldorf und Frankfurt gefolgt, auch einen Preis hat sie in diesem Jahr gewonnen: den August-Macke-Publikumspreis. Wasserfall hatte sich dafür beworben und schaffte es bis in die Nominierten-Ausstellung der besten zehn. Während einer dreiwöchigen Ausstellung im Kunsthaus Alte Mühle im sauerländischen Schmallenberg durfte das Publikum über seinen Favoriten abstimmen. Das Werk von Wasserfall erhielt die meisten Stimmen.
Tabea Wasserfall ist im Teenageralter, als sie das Malen für sich entdeckt. „Die Malerei war ein Ort, an dem ich an nichts denken musste, ich bin darin versunken“, erinnert sie sich. Früher habe sie viel gezeichnet, Stillleben, Blumen, Muscheln, ganze Bücher habe sie damit gefüllt. In der Oberstufe im Kunstleistungskurs habe sie angefangen, mit Acrylfarben zu arbeiten und Porträts zu malen, später wechselte sie zu Ölfarben. Dabei ist es (fürs Erste) geblieben.
Zum Wasser sei sie über die Künstlerinnen Jana Euler und Roni Horn gekommen, die sie in einem der ersten Semester entdeckt habe. „Ich hatte schon vor dem Studium Wasser gemalt, aber eher als Szenerie in einer Strand- oder Klippenlandschaft.“ Jetzt rückt sie näher ran ans Wasser, ganz nah.
Für Tabea Wasserfall aus Mannheim ist Island ein Ort der Inspiration
Sie habe tausende Bilder online betrachtet, dann fährt sie nach Island, einmal, zweimal, 14.000 Fotos vom Meer sind das Resultat, stundenlang habe sie an den Stränden gesessen, das Meer beobachtet und Fotos gemacht. Sie bilden die Grundlage ihrer Arbeiten. Wasserstellen, die sie interessierten, suche sie sich heraus, und kombiniere sie mit Stellen von anderen Fotos per Photoshop zu einem neuen Bild. So entstehen vollkommen neue Wassermomente.
Ihre ersten Bilder hat sie durchnummeriert, 1, 2, 3 … Dann hat sie eine kleine Serie begonnen mit Island-Bezug, die Arbeiten tragen die Koordinaten der Orte, an denen sie entstanden sind. „Island fesselt mich, das ist ein ganz eigener Kosmos“, sagt sie. Zurück in ihrem Atelier, hat die Künstlerin eine genaue Vorstellung davon, wie ihr Bild aussehen soll. Ganz am Anfang habe sie Monate an einem Bild gearbeitet, jetzt seien es ein paar Wochen. Und dann kommt der Tag, an dem sie weiß: „Jetzt ist es fertig.“
Das Studium in Karlsruhe gefällt ihr. „Ich habe ein Atelier und viele Freiheiten, es gibt Seminare und Vorlesungen, die man besuchen kann, und den Austausch mit anderen Künstlerinnen und Künstlern“, sagt Wasserfall. Die Arbeitsumgebung und der Umstand, dass ihr hier die Zeit gewährt werde, um zu der Künstlerin zu werden, die sie werden will und kann, empfindet sie als Privileg. Alle zwei Wochen komme die Professorin vorbei, schaue sich die Arbeiten an, beantworte Fragen.
Dass das Kunstbusiness immer noch stark männlich bestimmt ist, beschäftigt Wasserfall. Die Mehrzahl der Studierenden, auch an ihrer Kunstakademie, seien weiblich, und es habe in den vergangenen Jahren viele Bemühungen gegeben, Künstlerinnen, auch aus der Vergangenheit, mehr Sichtbarkeit zu verleihen. Doch die Rollenverteilung sei nach wie vor so, dass Frauen die Care-Arbeit erledigten und so beruflich womöglich zurückstünden. „Auch ich bin schon gefragt worden, ob ich einmal Kinder haben möchte.“ Mit der impliziten Annahme, dass sie dann ja keine Zeit mehr habe zu malen.
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