Konzertsaal der Würzburger Hochschule für Musik

Füllhorn ideen- und kontrastreicher Melodien

4. Sinfoniekonzert mit Posaunist Nicolai Hauptmann

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ferö
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Zum ersten Mal spielte er vor seinem Philharmonischen Orchester Würzburg: Solist Nicolai Hauptmann mit dem Posaunenkonzert von Henri Tomasi. © Röttger

Mit Joseph Haydns Sinfonie Nr.44 e-Moll eröffnete das Philharmonische Orchester Würzburg unter der Leitung von Finnegan Downie Dear das 4. Sinfoniekonzert im bestens gefüllten Konzertsaal der Würzburger Hochschule für Musik. Schon bevor der drahtig-schlanke britische Dirigent ans Pult trat, wurde eine erwartungsvolle Stimmung der Zuhörer spürbar, die mit einem Füllhorn ideen- und kontrastreicher Melodien aus drei Jahrhunderten nicht enttäuscht wurden.

Ein Traum wird wahr

In besonderer Weise lag dies auch an dem ansonsten selten zu hörenden Konzert für Posaune und Orchester des Franzosen Henri Tomasi, der zu den Pionieren der Rundfunkmusik gehörte und in seinen Konzerten eine besondere Vorliebe für Blasinstrumente offenbarte. Ansprechende Melodik und Musik, die von Herzen kommt, war sein Ziel bei über 100 Werken. Entstanden vor allem nach 1956, als er nach einem Autounfall und einem Hörleiden eine erfolgreiche Dirigentenlaufbahn aufgab. 1956 wurde sein in drei Sätzen komponiertes Posaunenkonzert uraufgeführt.

Nicolai Hauptmann ist seit 2021 Soloposaunist des Philharmonischen Orchesters Würzburg und wechselte jetzt zum ersten Mal auf den Platz des Solisten vor dem Orchester. Weil die Posaune zumeist ein reines Orchesterinstrument ist, war Hauptmann hocherfreut: „Das Werk hat in meinem Herzen einen ganz besonderen Platz, und seitdem ich dieses Stück kenne, war es ein Traum von mir, dieses mit einem Orchester zu spielen.“

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Zurückhaltend-bescheiden war sein Auftritt, kraftvoll-dynamisch und markant der helle und zugleich weiche Klang seiner Zugposaune, die auch beim Einsatz von zwei Dämpfern herausstach und im Zusammenspiel mit dem Orchester nichts an stilistischer Geschlossenheit vermissen ließ. Schon im ersten Satz, einer Mischung aus Andante und Scherzo, waren jazzige und impressionistische Einflüsse mit Walzer-Anklängen unüberhörbar. In der träumerisch beginnenden Nocturne im zweiten Satz glänzten Streicher, Holzbläser und die Harfe als Begleitinstrumente der Posaune, gesteigert bis zum Crescendo und überführt zum dritten Satz durch das besinnliche Anfangsmotiv. Temperamentvolle südamerikanische Rhythmen durchzogen den dritten Satz.

Zwischen Forte und Piano

Die zum Auftakt des 4. Sinfoniekonzerts kontrastreich und pathetisch interpretierte Sinfonie Nr. 44 e-Moll von Joseph Haydn entstand um 1770 und erhielt erst viele Jahrzehnte später den Beinamen „Trauersinfonie“ durch eine Anekdote, nach der Haydn sich den dritten Satz dieser – in einer für die damalige Zeit ungewöhnlichen Tonart geschriebenen – Sinfonie zu seinem Begräbnis gewünscht haben soll. Das Philharmonische Orchester bewältigte souverän schroffe Wechsel zwischen Forte und Piano und vergaß dennoch nicht, das Publikum in Haydns Klangsprache einzubeziehen. So vorgetragen wirkte die Sinfonie wie ein spielerischer Dialog mit dem Publikum, das den Ausdrucksreichtum und originelle Einfälle gebührend zu würdigen wusste.

In wenigen Monaten, aber mit großer künstlerischer Sorgfalt schrieb Antonín Dvorák die 7. Sinfonie d-Moll op. 70 im Auftrag der Londoner Philharmonischen Gesellschaft. Die Uraufführung im April 1885 in der St.-James-Konzerthalle dirigierte er persönlich. Vorbilder waren für ihn Beethoven und sein Gönner und Freund Johannes Brahms mit dessen bis dahin bereits komponierten drei Sinfonien. Dramatisch straff und stilistisch geschlossen war nichts mehr von folkloristischen Anklängen zu hören, die viele Werke Dvoráks durchziehen. Das Orchester vermittelte brillant das Auf und Ab von heroisch-trotziger Entschlossenheit und tiefster d-Moll-Resignation. Emotional packend gelang der Umschwung von einer resignativ-grüblerischen Grundstimmung zu einem emotional überwältigenden Finale mit einer Coda im triumphalen D-Dur.

Prasselnder Beifall belohnte die Mitwirkenden nicht nur für ein ungewöhnliches Posaunenkonzert, sondern auch für die erstaunlichen Einblicke in zwei Sinfonien, zwischen deren Entstehung über 100 Jahre liegen. Sowohl Haydn als auch Dvorák zeigten sich mit diesen Werken weniger von ihrer bekannt unbeschwert-optimistischen Seite, sondern betonten trotz ihrer unterschiedlichen Klangsprache den leidenschaftlich-expressiven Charakter ihrer Werke. ferö

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