Die Zeit der Kuscheltiere neigt sich dem Ende entgegen, nur noch in den oberen Reihendes Mannheimer Oststadttheaters (OTM) fungierten sie bei der 89. Premiere des „Lächelns in N 1“ als Platzhalter. Das Publikum auf den sonst gutbesetzten Rängen davor kam voll auf seine Kosten, die Komödie „Samenspender gesucht!“ von Kay Kruppa und Frank Pinkus wurde mit viel Jubel bedacht. Damit auch die erste Regiearbeit von Bloomaul Joachim Goltz für das OTM.
Opernmann mit gutem Händchen
Eigentlich ist dessen Metier ja eher die Oper, aber der Sänger beweist auch ein gutes Händchen für die Führung eines Schauspiel-Ensembles. Die Inszenierung der spritzigen Komödie ist lebendig, die Dialoge und Interaktionen sitzen, die unterschiedlichen Charaktere sind differenziert herausgearbeitet.
Es wird getanzt und gesungen. Musik und Videoeinspielungen(Frank Donath) - Samenschwärme schwimmen auf die Höhepunkte von Tschaikowskis „Schwanensee“- spiegeln die zwischen Romantik und Realismus pendelnde Stimmung. Das Bühnenbild (Jody Fox) ermöglicht in der zweiten Hälfte drei parallele Spielorte und gibt sogar Einblicke in zwei Schlafzimmer.
Aber Goltz kann sich auch auf ein sehr homogenes Sextett verlassen. Im Mittelpunkt steht Emma, die gerade wegen eines nichtkompatiblen Kinderwunsches von ihrem Freund Stefan verlassen wurde. Sie lässt sich von Freundin und Mitbewohnerin Nicky dazu überreden, auf die Suche nach einem Samenspender zu gehen.
Während die zupackende, die Dinge auf den Punkt bringende Nicky (Eva Berlejung)allerdings sofort die in Frage kommenden Kandidaten auf den Prüfstein stellt, fühlt sich die eher romantische, trotz aller Enttäuschung an Gefühle glaubende Emma (Sarah Koch) überfahren. Doch Nicky und deren Freund Julius (David Lison), ein Bäcker und Konditor aus Leidenschaft, machen Nägel mit Köpfen.
Fitnesstrainer Patrick (Nils Arndt), ein Bild von Mann mit gestähltem Körper, aber wenig Hirn, ist für Nicky erste Wahl - für den eifersüchtigen Julius und Emma eher nicht. Sie würde ihren Arbeitskollegen, den Anästhesisten Björn (Wolfgang Kerbs)vorziehen. Doch der strotzt nicht gerade vor Selbstvertrauen, ist extrem schüchtern und entschuldigt sich dauernd.
Auch Nachbar Sascha (Sören Messing) ist ein Kandidat für eine Nacht. Schade, dass er bei seinem ersten Auftritt das krasse Klischee des Schwulen aus der Transvestiten-Szene ist. In seiner zweiten Szene gibt er dann glücklicherweise weniger Gas. Alles in allem ist „Samenspender gesucht!“ ein wieder einmal rundum sehenswertes Stück.
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