Ein knallvolles Haus, das ist auch nach der Corona-Pandemie noch keineswegs selbstverständlich. Das Duo Badesalz, das bereits mit Comedy begeisterte, als dieses Genre hierzulande noch weitgehend unbekannt war, schafft es, im Mannheimer Capitol Parkett wie Empore zu füllen - obwohl die hessischen „Dialektiker“ mit der Schnellsprech-Fähigkeit schon mehrfach in der Quadratestadt als „Kaksi Dudes“, nämlich zwei Kumpeltypen, aufgetreten sind.
Als Rahmenhandlung dient ein Theaterstück, das mit klassischen Regeln der Dramaturgie ungefähr so viel zu tun hat wie die Kykladen (griechische Inselgruppe ) mit Chlamydien (Unter-der-Gürtellinie-Bakterien). Henni Nachtsheim und Gerd Knebel, die als konkurrierende Uralt-Schulfeinde einen Filmpalast, besser gesagt eine Verkaufsbude für VHS-Kassetten, geerbt haben, schlüpfen in der Handlung, die von allem und nichts handelt, in ziemlich kuriose Rollen.
Surreales Theaterstück
Wer sich bislang keine Gedanken darüber gemacht hat, warum Elche sehr wohl den Schlitten des Weihnachtsmannes zu ziehen vermögen, aber nicht in der Lage sind, einen Bank-Job zu übernehmen, bekommt dafür sechs logische Erklärungen. Frei nach dem Motto: Ich glaub‘, mich tritt ein Elch!
Überhaupt tauchen in dem surrealen Theaterstück mit real wirkender Verkaufsbude - als optischer Bühnenkontrapunkt vom Darmstädter Kikeriki-Theater gestaltet - abstruse Gestalten auf: vom Hotel-Rezeptionisten ohne Nase bis zur fürsorglichen Freundin, die ihrem Liebsten eine Darmspiegelung schenkt.
„Lass uns zusammen zur Darmspiegelung gehen!“
So selbstverständlich wie die Kult-Babbler dem Hessischen statt Hochdeutsch den Vorzug geben, bauen sie in ihr Programm Lieder ein - mit abenteuerlichem Inhalt, aber ausgezeichneter Interpretation. Schließlich trat Henni Nachtsheim ursprünglich bei den Hessenrockern Rodgau Monotones als Sänger und Saxophonist auf, während Gerd Knebel in der Band Flatsch und später bei den Groben Junggesellen sang wie kasperte - und inzwischen die Gitarre entdeckt hat.
Und bei so manchem Song, den die Zwei zum grölenden Amüsement des Publikums schmettern, dürften selbst schräge Rapper staunen: „Lass uns zusammen zur Darmspiegelung gehen!“ Jeah, jeah, jeah - das muss einem erst mal einfallen, nämlich Polypen und Divertikel mit rhythmischen Schwingen zu beflügeln.
Die Urgesteine der Komikszene sind freilich erfahren genug, einerseits Tabus zu brechen, andererseits nicht in die Igitt-Igitt-Falle zu tappen. Und natürlich ist bei einem Duo, das sich mehr als vier Jahrzehnte immer wieder neu erfindet und trotzdem treu bleibt, alles andere als verwunderlich, dass dem Retro-Trend gehuldigt und dabei so manch ein Ratschlag serviert wird. Lieber ein wackeliger Stammtisch als ein fester Arbeitsplatz? Naja , dann eher die Erkenntnis: „Wer uffgibt, gibt uff, es sei denn, er gibt net uff.“
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