Schon, wenn man kurz vor dem Eingang innehält, kann man ein Tier erspähen: Ein munteres Reh springt am frühen Morgen über das Gelände des noch nicht geöffneten Wildparks Rheingönheim. Ansonsten ist es noch ganz still. Schon jetzt ist klar: Wer möglichst viele Tiere sehen möchte, sollte sich direkt um 9 Uhr morgens in den Park begeben - bevor die Tiere durch zu viele Besucher scheuer werden und bevor sie in die dichter bewachsenen Grünflächen des Parks zurückziehen, um der Mittagssonne auszuweichen.
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Bereits am Eingang kann einem ein erstes freilaufendes Tier begegnen. Wenn es kein Reh ist - Sikawild und Damwild können den kompletten Wildpark als Gehege nutzen - dann womöglich ein Pfau. Stolz zeigen sie ihr prächtiges Gefieder, indem sie ein Rad schlagen. Auch Hobby-Naturfotografen kommen so auf ihre Kosten. Im vorderen Bereich des Parks befindet sich der Streichelzoo-Bereich mit Ziegen, schwarzen Ouessantschafen, Kaninchen, Schweinen, sechs Eseln und zwei Ponys. Auch wenn vorerst coronabedingt noch kein Ponyreiten angeboten kann, kommen Kinder auf ihre Kosten: Mit dem Futter, das an der Wildparkkasse erhältlich ist, ziehen sie garantiert die Aufmerksamkeit der tierischen Zeitgenossen auf sich. Läuft man weiter in den Wildpark hinein, kann man unter anderem die Wisente sehen. Aktuell sind es zwei: Lyca und Lygo. Eventuell kommt demnächst noch eine Wisentkuh dazu. Die Tiere sollen in Ludwigshafen gezüchtet und dann in Polen ausgewildert werden.
Züchtungen ausgestorbener Arten
Direkt dahinter befindet sich das Gehege der Tarpane - oder, korrekt genannt, Heckpferde. Das Tarpan-Wildpferd ist 1918 ausgestorben. Die Gebrüder Heinz und Lutz Heck haben jedoch in den 1930er und 40er Jahren versucht, aus verschiedenen europäischen Pony- und Pferderassen ein Pferd nachzuzüchten, dass dem Tarpan optisch so nahe wie möglich kommt. So haben die Heckpferde im Wildpark allesamt ein graues Fell mit einem dunklen Aalstrich, der sich über ihren Rücken zieht. Erst dieses Jahr sind im Wildpark Rheingönheim zwei Heckpferd-Fohlen geboren worden: Ein Hengst hat am 11. Mai das Licht der Welt erblickt, ein zweiter am 14. Juni. Im Gehege hinter den Heckpferden haben die Heckrinder ihr Domizil. Auch sie sind eine Nachzüchtung - dem Auerochsen nachempfunden.
Nur mit Glück kann man die beiden Luchsinnen des Wildparks beobachten. Sie sind eher am Abend aktiv - tagsüber liegen sie gerne, ganz Katze, auf der faulen Haut herum. Während das ältere Luchsweibchen keinen Namen hat, heißt ihre zweijährige Tochter Lucy. Der Luchskuder Lukas hat Ludwigshafen hingegen im Februar verlassen und lebt seit Mitte Mai in Freiheit im Norden Polens. Übrigens haben einige der Tiere im Wildpark Rheingönheim einen Namen, der mit den Buchstaben „Lu“ beginnt. So ist in internationalen Wildtier-Zuchtprogrammen, bei denen auch Tiere ausgetauscht werden, stets erkennbar, wo sie geboren worden sind.
Rehe ohne Scheu
Highlight des Parks sind ganz klar die freilaufenden Rehe. Das schon seit der Römerzeit in Europa lebende Damwild und das im 19 Jahrhundert aus Asien nach Europa eingeführte Sikawild sieht auf den ersten Blick fast gleich aus. Doch an einer Stelle lässt es sich sehr einfach unterscheiden, am sogenannten „Spiegel“, der Fellfärbung am Po der Tiere. Während der schwarz-weiße Spiegel des Damwilds konturiert ist, ist die Fellfärbung des Sikawilds an der Stelle leicht verschwommen.
- Neuhöfer Straße 48. 67065 Ludwigshafen am Rhein
- Geöffnet: Montags bis sonntags, 9 bis 19 Uhr (April bis September), 9 bis 18 Uhr (Oktober, Februar, März), 9 bis 17 Uhr (November bis Januar). Einlass bis eine Stunde vor Schließung.
- Eintrittspreise: Erwachsene zahlen 4 Euro, Kinder unter drei Jahren frei, von vier bis zwölf 1,50 Euro. Jugendliche ab 13 Jahren, Studierende, Behinderte und Renter 3 Euro. Familienkarte 8 Euro.
Anfahrt
- mit dem Auto: Über Ortsmitte Ludwigshafen via B 44, K 7, L 534/ Neuhöfer Straße.
- mit dem ÖPNV: Bushaltestelle LU-Rheingönheim Wildpark (Linie 572 direkt via S-Bahnhof LU-Rheingönheim, Straßenbahnhaltestelle LU-Rheingönheim Endstelle (Linie 6).
Das Damwild nimmt auch mal eher scheu Reißaus vor den Besuchern des Wildparks, das Sikawild lässt sich hingegen nicht so leicht aus der Ruhe bringen. Wenn man sich ihm vorsichtig nähert, ist sogar Streicheln möglich - auch wenn dem Wildparkfutter mit Skepsis begegnet wird. Die freilaufenden Tiere im Wildpark Rheingönheim haben natürlich dennoch Rückzugsorte - etwa Brennnesselfelder. „Manche Flächen mähen wir bewusst nicht“, erzählt Wildpark-Leiter und Förster Wolf Hoffmann. Der Park wirkt, anders als ein klassischer Zoo, eher wie ein Domizil, in dem die Tiere ein Leben in (fast) freier Wildbahn haben können. Insbesondere gilt dies für die Zugvögel: Die Graureiher und Störche werden ihre Nistplätze im Wildpark im Herbst verlassen.
Das Rotwild im Park lebt im Gehege und ist somit nicht zum Greifen nah - dafür jedoch dem Futter etwas zugeneigter. Gerade Kinder können im Wildpark viel lernen, zum Beispiel durch Infotafeln, oder indem sie die Tiere einfach beobachten. Aber auch für Erwachsene, selbst wenn sie sich mit Wildtieren auskennen, hat der Wildpark etwas zu bieten: pure Entspannung. An heißen Sommertagen lässt es sich im Wald gut aushalten. Der Wildpark ist ein Naherholungsgebiet, in dem man wunderbar dem Stadtleben entfliehen kann. Einziges Manko: Der Lärm der angrenzenden B 9 verrät, dass man sich nah an der Zivilisation befindet. Dennoch lädt die „Seelen-Baumelbank“ zu einer Auszeit ein, ebenso wie der Barfußpfad, mit dem die Fußsohlen natürliche Böden erfühlen können. In der dunkelgrünen Oase lässt sich somit wunderbar und für wenig Geld entspannen - egal ob mit oder ohne Kinder, ob für einen ganzen oder nur einen halben Tag.
Wissenswertes
Im 1963 eröffneten Wildpark Ludwigshafen-Rheingönheim tummeln sich 30 europäische Wildtierarten. Wie viele Tiere es insgesamt sind, ist schwer zu schätzen. Bei Fütterungen zählen die drei Tierpfleger dennoch regelmäßig. Wildparkleiter Hoffmann geht somit von ungefähr 200 Tieren aus. Während des Corona-Lockdowns und auch darüber hinaus sind einige Jungtiere in den 30 Hektar großen Eichenbaumischwald hinein geboren worden. Das Veranstaltungsangebot für Kinder im Wildpark ist indes noch nicht wieder aufgenommen worden - voraussichtlich ab September sind erste, kleinere Veranstaltungen möglich.
Verpflegung: Tische für mitgebrachtes Picknick sind überall im Park verteilt.
Restaurant in direkter Nähe: „Wildparkstübchen“: Neuhöfer Straße 46, 67065 Ludwigshafen am Rhein. Öffnungszeiten: Mittwochs bis sonntags ab 11.30 Uhr durchgehende Küche, Montag und Dienstag Ruhetag. Hausmannkost, Gerichte ab 7,50 Euro. Gerichte für Kinder ab 2,70 Euro.
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