Sommerserie "Hiergeblieben!"

Schwitzen im Rothenburger Weihnachtsdorf

Von 
Dieter Balb
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Wenn man der kleinen Kathrin in die Augen blickt, dann leuchten sie wie bei der Bescherung unterm Weihnachtsbaum. Die Achtjährige ist mit ihren Eltern aus Detmold gekommen, und die scheinen nicht weniger entzückt zu sein beim Anblick von Nussknackern, Weihnachtspyramiden, Räuchermännchen, Schwippbögen, bunten Glaskugeln oder den vielen Miniatur-Häuschen und Marktständen, die sich zu kompletten Weihnachtsszenen kombinieren lassen.

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Aber wir befinden uns nicht etwa in der Adventszeit, sondern bei 30 Grad im Spätsommer in Käthe Wohlfahrts Weihnachtsdorf. In seiner 56-jährigen Firmen-Geschichte, die im Erzgebirge begann, hat der Stammsitz Rothenburg in der Herrngasse schon seit 43 Jahren seinen festen Platz. Und selbst in Corona-Zeiten hält der Verkaufserfolg des Traditionsbetriebes an, was vor allem der treuen Kundschaft zuzuschreiben ist. Zwar sind in diesem Jahr die beiden wichtigen Säulen Nordamerika und Asien wegen des Virus fast ganz weggebrochen, aber das Interesse aus dem Inland und europäischen Staaten ist groß. Zum Sortiment gehören 25 000 Artikel und diese werden nicht etwa wie man annehmen würde übers Internet verkauft, sondern zu 90 Prozent in den Läden und auf den jährlichen Weihnachtsmärkten, die man landesweit beschickt.

„Wir haben unser Angebot nicht reduziert, sondern sogar noch mit Barcelona und England neue Standorte dazugewonnen”, erläutert Firmenchef Harald Wohlfahrt, dessen Eltern Wilhelm und Käthe Wohlfahrt 1977 das heutige Unternehmen in Rothenburg begründet haben. Die Familie verstand es, eine Nische am Markt zu besetzen und die weltberühmte Touristenstadt als idealen Standort zu entdecken.

Die Eltern waren 1956 aus Sachsen in den Westen geflüchtet, und eine erzgebirgische Spieldose, die bei Amerikanern auf Basaren viel Anklang fand, wurde zum Ausgangspunkt einer ungeahnten Entwicklung. Im Jahr 1964 wurde die Firma für Weihnachtsartikel gegründet. In Herrenberg im Schwarzwald eröffnete man 1970 den ersten Laden.

Heute setzt die Familie entgegen dem üblichen Online-Trend auf das einzigartige Einkaufserlebnis, wie es trotz bunter Bilder und Videos eben nur in Läden geboten werden kann. Die Kunden wollen die Ware in die Hand nehmen, lieben es richtig einzutauchen in die Weihnachts-Glitzerwelt, was im Sommer wie ein Zeitsprung wirkt. Man arbeitet nach wie vor mit den Betrieben im Erzgebirge zusammen, nach der Wende hatte man sogar 250 Handwerksbetriebe nach Rothenburg eingeladen und sie vertraut gemacht mit der Marktwirtschaft, denn es gab ja jetzt für die alten DDR-Firmen die internationale Öffnung.

Als Handelsunternehmen inklusive Großhandel hieß es, sich auf die neuen Gegebenheiten einzustellen. Harald Wohlfahrt: „Da habe ich mich entschieden, wir brauchen eine Entwicklungsabteilung und habe elf Mitarbeiter eingestellt, einige aus dem Erzgebirge.” Untergebracht in der Hans-Röder-Mühle, malerisch im Taubertal, wo die Firma auch die Ludleinsmühle nutzt.

„Kind der Wiedervereinigung“

Dann wurden Holzweihnachtsartikel nur für Wohlfahrt entwickelt mit Lieferanten aus dem Erzgebirge. In Farbnuancen zum Beispiel legte man Wert auf eine typische „Käthe-Wohlfahrt-Linie“ und hat immer wieder mit feinen Details und besonderem Design dafür gesorgt, dass nicht nur Sammler die Originalität erkennen und schätzen.

In der Werkstatt setzt heute ein vierköpfiges Team (künstlerischer Leiter ist Siegfried Reingruber) die aus der Idee auf Papier als Zeichnung entwickelten Stücke in Holz um. Eine Aufgabe für Jens Hoffmann von der Entwicklungsabteilung, der aus Lengefeld im Erzgebirge stammt und in den Kunstgewerbe-Werkstätten Olbernhau gelernt hat. Für Firmenchef Harald Wohlfahrt ist die Abteilung „ein Kind der Wiedervereinigung”. Ohne die deutsche Einheit hätte man die Schritte in der Größenordnung gar nicht machen können”, unterstreicht er. Unverändert arbeitet man heute mit zahlreichen Betrieben im Erzgebirge zusammen.

Und wie sieht die Firmenleitung die Zukunft trotz Corona? Wohlfahrt ist zuversichtlich, bisher sei man ganz gut über die Runden gekommen. Was die Produktion anbelangt, gelte „nach wie vor der Anspruch auf hohe Qualität und außergewöhnliche Artikel. Wir brauchen jedes Jahr Neuheiten und haben sehr viele Sammler, die ständig zukaufen”. Gerade in Internetzeiten sei es wichtig, Sortimente anzubieten, die man eben nicht woanders bekommt: „Das ist unsere Stärke, wir sind da sehr gut aufgestellt!”

Sehr beliebt sind die limitierten Editionen wie zum Beispiel „Kindertraum“ oder die vielen Themen: Da gibt es Poesie in Glas mit mundgeblasenen Artikeln vom Schneemann bis zum Vogelhäuschen oder Eisvogel, alles handbemalt. Kinder freuen sich auch über die vielen Figuren aus der „Welt der Märchen”. So ist Wohlfahrts Weihnachtsdorf vielseitiger, als man vermutet, sogar Kuckucksuhren und eine Edition der Mainzelmännchen gehören dazu.

Harald Wohlfahrt blickt auch deshalb beruhigt in die Zukunft, weil die zwei Söhne und die Tochter die Betriebsnachfolge garantieren. Man sei eine Art „Botschafter der deutschen Weihnacht” geworden, freut sich der 65-jährige Firmeninhaber.

Weitere Tipps und Infos

Rothenburg

Mit der weitgehend erhaltenen mittelalterlichen Altstadt ist die Große Kreisstadt Rothenburg eine weltbekannte Sehenswürdigkeit mit vielen Baudenkmälern und Kulturgütern. Um 970 gründete der ostfränkische Adelige Reinger die Pfarrei Detwang im Taubertal unterhalb der späteren Stadt Rothenburg.

Unbedingt besuchen - Das Rothenburg-Museum

Klosterhof 5, 91541 Rothenburg, Telefon: 09861 / 939 043, museum@rothenburg.de, www.rothenburgmuseum.de 

Unbedingt besuchen - Mittelalterliches Kriminalmuseum

Burggasse 3, 91541 Rothenburg, Telefon: 09861 / 5359, www.kriminalmuseum.eu.

Diese Redaktion empfiehlt

„Gasthof Goldener Greifen“, Obere Schmiedgasse 5, 91541 Rothenburg ob der Tauber

Fränkische Spezialitäten, z.B. Schäufele aus der Schulter mit Rotkraut und Kartoffelknödeln für 15,90 Euro oder ein Paar Fränkische Bratwürste mit Sauerkraut und Salzkartoffeln für 9,90 Euro. Warme Küche ab 12 Uhr bis 21 Uhr; www.gasthof-greifen-rothenburg.de  

Anfahrt & Infos

  • Mit dem Auto: über die A 7, Ausfahrt 108: „Rothenburg/Tauber“.
  • Mit der Bahn: Zu Fuß erreicht man in circa zehn Minuten das Weihnachtsdorf vom Bahnhof aus, den Hinweisschildern „Altstadt“ folgen. Durch das Rödertor in die Rödergasse/Hafengasse und über den Marktplatz in die Herrngasse. Zu Beginn der Herrngasse, im dritten Gebäude auf der linken Seite, hinter der Marienapotheke, befindet sich das Käthe Wohlfahrt Weihnachtsdorf. Nicht zu verfehlen mit den Weihnachtsoldtimer vor der Haustür und den zwei mannshohen Nussknackern.
  • Öffnungszeiten: Weihnachtsdorf Käthe Wohlfahrt: Montag bis Freitag: 11 bis 17 Uhr. Samstag, Sonn- und Feiertage: 11 bis 17 Uhr.
  • Änderungen und tagesaktuelle Angaben: www.kaethe-wohlfahrt.com.

Autor Redakteur, Wort- und Bildjournalist, Video

Thema : Hiergeblieben! Tipps für den Urlaub daheim

  • Serie "Urlaub daheim" Natur in Ruhe genießen

    Assamstadt bietet für alle Altersklassen das Passende. Wer für ein paar Stunden Entschleunigung sucht, ist hier genau richtig – und trifft auf ein ganz besonderes, überdimensionales Tier. Die Ruhe der Natur genießen, altehrwürdige Gedenkstätten erkunden und gleichzeitig spielerisch die Tierwelt besser kennenlernen – um solch einen gelungenen Wanderausflug zu erleben, muss man längst nicht mehr ins Allgäu oder in ein deutsches Mittelgebirge fahren. Es bedarf nur einer kurzen Fahrt in das schöne Assamstadt – und schon kann ein abwechslungsreiches Abenteuer für alle Altersklassen beginnen. Je nach Vorlieben kann man zwischen verschiedenen Routen wählen. So können Kinder auf dem Naturerlebnispfad ihre Geschicklichkeit erproben, während Ruhesuchende ihren Gedanken nachgehen können und meditativ durch die erfrischende, herbstliche Landschaft schlendern. Sechs Rundwanderwege starten am Rathaus. Von dort führen der Kirschblütenweg, die Wanderwege LT 21 und LT 22 sowie die drei Bildstockwanderwege in die vielfältige, von kleinen Schmuckstücken geprägte Umgebung. Die Projektgruppe „Wanderwege“ des Vereins „Heimat & Kultur“ verknüpfte unter der Leitung von Walter Frank alle Grenzsteine, Holzkreuze und Erinnerungsstätten der Gemarkung zu einem optimalen Netz, so dass man über die Bildstockwanderwege über 70 kleine und große Blickfänge leicht erreichen kann. Zur wohl außergewöhnlichsten Sehenswürdigkeit in der Region führt der Bildstockwanderweg 3. Schon nach kurzer Zeit zeichnet sich eine auffallende Silhouette in der Ferne ab. Nähert man sich, erkennt man, dass eine mehrere Meter hohe, hölzerne Gams am Wegrand steht. Dem einen oder anderen Ausflügler mag sie vielleicht bekannt vorkommen, denn einst zierte sie den Umzugswagen der Wagenbaugruppe „Schneiderei“ der „Schlackohren“. Nachdem die Gams am vergangenen Rosenmontagsumzug eine Runde durch die Stadt drehen durfte, bleibt sie den Besuchern nun langfristig als Plastik am Wanderweg erhalten. Bürgermeister Joachim Döffinger ist stolz auf die Zusammenarbeit der Narren und Heimatliebenden: „Das Tolle ist, dass bei uns in Assamstadt viele Vereine Hand in Hand arbeiten“. Nicht nur der Bildstockwanderweg 3 führt an der Skulptur vorbei, sondern auch der sportive Radweg, der ebenfalls oft und gerne genutzt wird. Vor allem in diesem Jahr seien mehr Radler unterwegs gewesen, erzählt Edgar Tremmel, Mitglied des Heimat- und Kulturvereins. Damit auch die jüngere Generation nicht zu kurz kommt, wurde in den letzten Jahren von der Projektgruppe „Junge Erwachsene und Familien“, geleitet von Andreas Sturm, mit Unterstützung von Jürgen Hernadi und weiteren Engagierten, ein Naturerlebnispfad angelegt. Beginnend am Sportplatz, führt die rund zwei Kilometer lange Strecke an acht lehrreichen, interessanten Stationen vorbei. Jede ist einem heimischen Waldbewohner gewidmet. So können sich die Kleinen an der ersten Station „Klettern wie ein Eichhörnchen“ auf einem Spielgerüst austoben. Zusätzlich versorgen Infotafeln die Ausflügler mit Wissenshappen über das jeweilige Tier. An der Eichhörnchenstation befindet sich der „Schlackohrenpilz“, eine Aussichtsplattform, die zum 25. Geburtstag der „Schlackohren“ erbaut und 2010 renoviert wurde. Von dort können die Wanderlustigen einen tollen Blick über Assamstadt genießen. Möchte man dem Weg tiefer in den Wald hineinfolgen, kann man ganz unbesorgt sein: Dank der ausführlichen Beschilderung, die vom Verein gepflegt und kontrolliert wird, sind Verirrungen nahezu unmöglich. Über den zertifizierten Bildstockwanderweg 1 gelangt man zu versteckten Sehenswürdigkeiten. Durch die Erfüllung verschiedener Kriterien erhielt er auf der CMT das Siegel „Wanderbares Deutschland“. So führe der Weg nur selten über Asphalt und sei besonders gut ausgeschildert, erzählt Projektleiter Frank. Allein diese Strecke führe an über 30 Bildstöcken und Wegkreuzen vorbei. Verborgen zwischen dichten Büschen und hohen Bäumen lädt die Mariengrotte zu einem entschleunigenden Moment der Ruhe ein. Flackernde Kerzen zeugen von regelmäßig einkehrenden Wallfahrern. Wer eine Rast einlegen möchte, ist einige Meter weiter bei einer gemütlichen Waldhütte gut aufgehoben. Eine Picknickbank bietet hungrigen Spaziergängern eine bequeme Sitzgelegenheit für eine schmackhafte Brotzeit. Eine weitere Besonderheit ist der Kreuzweg, der zum „Steffeskirchle“ weist. Der Assamstadter Bildhauer Anton Göbel fertigte für die 16 Stationen jeweils ein Relief aus Lindenholz – jedes ein Kunststück für sich. Aufgrund einer Renovierung 2017, die durch das „Leader“-Programm der EU unterstützt wurde, sind die Schnitzereien gut erhalten. An Christi Himmelfahrt ist das „Steffeskirchle“ ein beliebter Wallfahrtsort, doch auch unter dem Jahr wirkt die andächtige Atmosphäre der Lichtung beruhigend. Schließlich soll die Kapelle an einem Kraftort errichtet worden sein, und wenn die Blätter hoch über dem Kreuz rauschen und ein sanfter Wind über den Platz weht, erscheint dies den meisten nicht weithergeholt. Für jene, die sich statt entspannter Meditation Spannung und Action wünschen, empfiehlt sich neben dem Naturerlebnispfad auch Geocaching oder eine Schnitzeljagd, bei der jeder mit Hilfe eines Smartphones mitmachen kann. Mit sowohl lustigen als auch interessanten Fragen können „Junge und jung Gebliebene“, wie Frank betonte, die heimischen Ländereien erkunden. Im Allgemeinen bieten die verschiedenen Wanderwege rund um Assamstadt ein abwechslungsreiches Ausflugsziel, das es sich zu erkunden lohnt. Egal, ob man mit der Familie ein paar spaßige Stunden im Wald verbringen will oder lieber in sich gekehrt Kraft sammeln möchte – die vielfältigen Routen ermöglichen ein harmonisches Urlaubserlebnis ganz nach den eigenen Wünschen.

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