Nachhaltigkeit im Alltag

Unverpackt einkaufen – so geht es in den Mannheimer Läden

Einkaufen, ohne Müll zu produzieren - das geht in Mannheim in gleich zwei Unverpacktläden. Aber wie funktioniert das und wie fange ich am besten damit an? Die Inhaberinnen von "grünkern" und "Priska's" geben Tipps

Von 
Julia Brinkmann
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Die Inhaberinnen der zwei Mannheimer Unverpacktläden: (V. l.) Bianca Kollinger, Darlene Podhajsky (grünkern unverpackt) und Priska Epping (Priska's). © Julia Brinkmann

Mannheim. Ein Einkauf im Unverpacktladen ist ganz anders als im Supermarkt. Während im Supermarkt bunt leuchtende Tüten und Schachteln um die Aufmerksamkeit der Kundinnen und Kunden buhlen, präsentieren sich die Lebensmittel in einem Unverpacktladen als das, was sie sind: ganz „nackt“.

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Veröffentlicht
Von
Tanja Capuana-Parisi
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Darlene Podhajsky, Mitinhaberin von „grünkern“, gibt den Tipp, erstmal „einfach herzukommen und sich den Laden in Ruhe anzuschauen, zu überlegen, was man gerne kauft, was der Laden hergibt, und wo es da Überschneidungen gibt.“ „Klein anfangen“, empfiehlt Priska Epping, Inhaberin von „Priska’s“. „Wenn man sich zuerst einen Bereich überlegt, in dem man unverpackt leben möchte, überwältigt es einen nicht so sehr.“ Dieser Bereich könne etwa das Badezimmer sein – oder in der Küche die Grundnahrungsmittel wie Nudeln, Reis und Haferflocken. „Wenn man sich sehr viel vornimmt, ist es vielleicht, wie wenn man eine neue Sportart anfängt und zu schnell zu viel macht, Muskelkater hat und drei Wochen Pause einlegt“, vergleicht Epping. Fragen stellen ist in beiden Läden ausdrücklich erwünscht. „Man muss nicht direkt alles wissen, kann man ja auch gar nicht“, sagt Podhajsky.

Priska Epping

Priska Epping hat das ehemalige „Eddie’s“ in der Schwetzingerstadt im Juni 2021 übernommen. Schon lange davor hat sie sich privat mit ökologisch nachhaltigem Handeln auseinandergesetzt. Auch heute, als Ladeninhaberin, besitzt sie kein eigenes Auto, sondern leiht sich bei Bedarf eins. Unverpackt Einkaufen war bereits während ihres Medienkulturwissenschaft-Studiums in Köln ein fester Bestandteil ihres Lebens – nicht zuletzt, weil sie auf einer Straße gewohnt hat, in der es einen Unverpacktladen gab. Eppings Bruder ist Mitinhaber der Kaffeerösterei Agáta, die Standorte in Neuostheim und auf dem Lindenhof hat. Auch Priska Epping hat Ahnung von Kaffee: In ihrer Studienzeit hat sie in einer Kaffeerösterei gejobbt. Schon länger hatte sie den Traum, ein eigenes Café zu führen – ihr Unverpacktladen ist nun eine andere Art Begegnungsort. „Selbstständig zu sein, bedeutet 24/7 kreativ Probleme zu lösen – denn irgendwo brennt immer etwas.“

Wer schon länger unverpackt einkauft, möchte häufig in immer mehr Bereichen das Leben plastikärmer und umweltbewusster gestalten. „Wenn man einmal angefangen hat, kann man es nicht mehr nicht sehen“, meint Bianca Kollinger, Mitinhaberin von „grünkern“. Wichtig ist aber, betonen sowohl Kollinger und Podhajsky als auch Epping, sich nicht selbst fertig zu machen. „Es ist in Ordnung, wenn man auch mal Lust auf eine Tüte Chips hat oder auf ein veganes Ersatzprodukt, das man nicht unverpackt bekommt“, so Epping. „Wir mögen den Begriff ‚Less Waste‘ eher, weil es nicht sinnvoll ist, sich den Druck zu machen, gar kein Plastik zu konsumieren. Das ist schlicht nicht möglich“, so Podhajsky. Zudem sehen die Inhaberinnen der Mannheimer Unverpacktläden auch die Politik in der Pflicht: „Es muss gesellschaftlich und politisch einiges passieren, dass der Druck für die Individuen, das Gefühl, alleine die Welt retten zu müssen, rausgenommen wird“, so etwa Epping.

Plastikreduktion ist nur ein Teilaspekt für ein umwelt- und klimabewusstes Leben – Transportwege von Waren,  Regionalität und Saisonalität sowie Biozertifizierung spielen ebenfalls eine Rolle. „Es ist teils die nachhaltigere Variante, etwas Verpacktes in Bioqualität als etwas Unverpacktes aus konventioneller Herstellung zu kaufen“, gibt Epping eine Debatte wieder, die auch im Verband der Unverpacktläden geführt wird.

Bianca Kollinger und Darlene Podhajsky

Auf dem Lindenhof gibt es seit August 2021 „grünkern“, den zweiten Unverpacktladen Mannheims. Bianca Kollinger und Darlene Podhajsky haben sich kennengelernt, als sie zusammen in einem Unverpacktladen gearbeitet haben – und dann den Entschluss gefasst, selbst zu gründen. Der Lindenhof war für sie der perfekte Standort, erklärt Bianca Kollinger: „Von hier aus ist man schnell im Naturschutzgebiet, der Stadtteil ist sehr naturverbunden.“ Bianca Kollinger hat International Business und Eventmanagement studiert – und wollte nach dem Studium nicht den klassischen Weg, etwa in eine Agentur, gehen. „Ich wollte nicht in Branchen arbeiten, die Emotionen verkaufen, damit Menschen noch mehr konsumieren“, erklärt sie. Stattdessen war es ihr wichtig, einen Mehrwert für die Gesellschaft zu schaffen. Der Schutz der Meere etwa war seit ihrer Kindheit ein Thema für sie – nach und nach kamen andere Aspekte wie Plastikvermeidung, dazu. Darlene Podhajsky hat nach einer Ausbildung zur Ergotherapeutin schnell gemerkt, dass sie beruflich einen anderen Weg einschlagen möchte. Etwa zeitgleich hat sie sich mit Umweltschutz und Tierwohl auseinandergesetzt. Da sie schon länger den Wunsch hatte, einen eigenen Unverpacktladen zu gründen, hatte sie bereits Kontakte zu Lieferanten. Mit Beratung des GIG7-Kompetenzzentrums haben die beiden Inhaberinnen ihre Idee umgesetzt.

Die Kundschaft in den beiden Mannheimer Unverpacktläden ist indes sehr heterogen. Viele Kundinnen von „Priska’s“ kommen aus der Schwetzingerstadt, viele von „grünkern „vom Lindenhof, den nahegelegenen Ludwigshafener Stadtteilen oder auch aus der Neckarstadt. Familien mit Kindern kommen ebenso wie Seniorinnen und Senioren. Die älteste Kundin, die Bianca Kollinger bei „grünkern“ empfangen hat, war rüstige 92 Jahre alt. In beiden Mannheimer Läden herrscht eine entspannte Atmosphäre. Und, so Epping: „Im Unverpacktladen kennt man sich – man hat ein Gefühl, dass man gemeinsam für dasselbe Ziel einsteht.“

Weitere Tipps gibt es auf der Website des Verbands der Unverpacktläden.

Wie läuft ein Einkauf im Unverpacktladen ab?

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Schritt 0: Behälter von Zuhause mitbringen

Für den Unverpackt-Einkauf müssen es keine schicken Gläser, die alle aus einem Guss sind, sein: Gurkengläser oder Tupperdosen tun es auch. „Auch Plastikdosen sind in Ordnung“, sagt Priska Epping, „wenn man die wiederverwendet, ist das ja gut.“ Für Nudeln oder trockene Bohnen eignen sich auch Stoffbeutel. Bei „Priska’s“ gibt es zudem auch von anderen Kunden gespendete Gläser zur freien Verfügung sowie Behälter zu kaufen. „grünkern“ bietet neben Spendengläsern und der Option, Behälter zu kaufen, auch Pfandgläser an.

Schritt 1: Behälter wiegen

Diesen Behälter wiegt man direkt im Laden und notiert das Leergewicht – etwa direkt auf dem Deckel.

Schritt 2: Behälter befüllen

Zum Abfüllen stehen in beiden Mannheimer Unverpacktläden Hilfsmittel wie Trichter und Löffel bereit. Die meisten trockenen Produkte sind in Gefäßen mit Hebeln an der Wand befestigt. „Wenn mal etwas daneben geht ist das überhaupt nicht schlimm – einfach uns Bescheid geben“, so Epping. „Keine Scheu haben, uns um Rat zu fragen“, sagt auch Darlene Podhajsky von „grünkern“. Wenn sich eine Walnuss verkeilt hat oder ein Behälter gerade leer ist, helfen die Mitarbeitenden gerne aus. Auch flüssige Produkte sollten von Mitarbeitenden abgefüllt werden. In der Regel kennzeichnen Unverpacktläden dies über ein Schild am Produkt.

Schritt 3: Bezahlen

An der Kasse wird das Leergewicht des Behälters abgezogen.

Was haben die Mannheimer Unverpacktläden im Sortiment?

In beiden Unverpacktläden gibt es Grundnahrungsmittel, Reinigungsmittel und Körperhygieneprodukte, aber auch Besonderheiten zu entdecken.

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Zu den Dauerbrennern bei „grünkern“ gehören Haferflocken, Nudeln und in den kälteren Jahreszeiten Mehl. Auch Handseife, Waschmittel und Spülschwämme kaufen viele Kundinnen und Kunden.

Das „grünkern“-Sortiment ist palmölfrei und komplett vegan. Bei „Priska’s“ gibt es Honig aus Mannheim sowie Eier und Molkereiprodukte von Höfen aus dem Umland im Pfandglas zu kaufen.

Bei „grünkern“ gibt es Produkte wie Tomatenmark, Zahnpasta oder sogar Fertiggerichte, wie den „einpott“ im Pfandglas zu kaufen. „Eigentlich lohnt sich eine Glasverpackung erst, wenn sie in ein Mehrwegsystem eingebunden ist und häufig wiederverwendet wird“, erklärt Bianca Kollinger. Auch bei „Priska’s“ gibt es Convenience-Produkte, die Kunden schnell zubereiten können, wie die „Brotlinge“, Fertigmischungen für Falafel beziehungsweise Laugengebäck-Semmelbrösel.

Die Mannheimer Unverpacktläden

Priska's

Dienstag – Freitag: 10 – 19 Uhr, Samstag: 10 – 16 Uhr, Sonntag und Montag Ruhetag

Seckenheimer Str. 21, 68165 Mannheim

grünkern unverpackt

Montag – Freitag: 10 – 19 Uhr, Samstag: 10 – 16 Uhr, Sonntag Ruhetag

Meerfeldstr. 24, 68163 Mannheim

Zudem verkaufen sowohl „grünkern“ als auch „Priska’s“ frisches Gemüse und Obst aus der Region. Beide Unverpacktläden vertreiben Kaffee, den sich Kundinnen und Kunden auch bereits im Laden mahlen lassen können: „Priska’s“ kooperiert mit der „Agáta Kaffeerösterei“, „grünkern“ mit „Helder & Leeuwen“. Bei „Priska’s“ gibt es Brot von der Brotboutique „Tans“.

Von der Hirse bis zu den Kichererbsen – trockene Produkte werden den Unverpacktläden in Großgebinden wie 25-Kilogramm-Papiersäcken oder in großen Pfandeimern geliefert. „Ein Unverpacktladen erzeugt viel weniger Müll, als wenn die Endverbrauchenden kleine Packungen kaufen würden“, erklärt Epping.

Redaktion Julia Brinkmann ist Online-Redakteurin und koordiniert die MM-Podcasts.