Ladenburg. „Er gehört zu mir“ und „Marleen“: Nicht für diese großen Schlagerhits aus den 1970ern ist Marianne Rosenberg berühmt. Was damals und noch Jahrzehnte später dem Großteil selbst eingefleischter Fans des Stars unbekannt war: Die 1955 geborene Frau mit der melancholischen Stimme ist Tochter eines Überlebenden des NS-Völkermords an europäischen Sinti und Roma. Lange hatte sie den Rat ihres Vaters Otto befolgt und ihre Herkunft vor dem Hintergrund seiner leidvollen Erfahrungen im Konzentrationslager verschwiegen. Aus Angst vor Abneigung und Übergriffen.
Heute Eröffnung
Die RomnoKher-Ausstellung „Typisch ‚Zigeuner‘? Mythos und Wirklichkeiten“ ist in Kooperation mit dem evangelischen Kirchenbezirk Neckar-Bergstraße von Mittwoch, 29. September, bis Mittwoch, 13. Oktober, von 9 bis 18 Uhr in der evangelischen Stadtkirche Ladenburg zu sehen und setzt sich mit Vorurteilen, Klischees und Antiziganismus auseinander.
Zudem werden prominente Sinti und Roma wie etwa Opernsängerin Anna Netrebko porträtiert.
Eröffnung ist am Freitag, 1. Oktober, 19.30 Uhr, mit Gästen vom Verband Deutscher Sinti und Roma sowie Musik vom Aaron-Weiss-Jazz-Trio.
Wie begründet die Furcht vor Rassismus und Mobbing leider war und ist, und warum sich prominente Sinti und Roma dennoch seit einiger Zeit zu ihren Wurzeln bekennen, verdeutlicht eine Wanderausstellung, die ab Mittwoch, 29. September, zwei Wochen lang täglich ab neun Uhr in der evangelischen Stadtkirche Ladenburg (Kirchenstraße 26) zu sehen ist. Ihr Titel lautet: „Typisch ‚Zigeuner‘? Mythos und Wirklichkeiten“.
Gegen Diskriminierung
Konzipiert von der Mannheimer Einrichtung Romno-Kher, was in der Romanes-Sprache Kulturhaus bedeutet, erhellen mobile Aufsteller (Roll-Ups) verschiedene Aspekte des Themas authentisch und setzen sich mit Vorurteilen, Klischees und Antiziganismus auseinander. Außerdem werden prominente Sinti und Roma wie Rosenberg, aber auch Jazzgitarrist Django Reinhardt, Schauspieler Charlie Chaplin oder Sopranistin Anna Netrebko vorgestellt.
„Aus Angst vor Diskriminierung sagen auch heute noch viele Sinti und Roma nicht, dass sie der Minderheit angehören, und das wollen wir ändern, indem wir im Rahmen der ökumenischen interkulturellen Woche unter dem Motto ‚offen geht‘ Hintergründe aufzeigen“, erklärt Tatjana Briamonte-Geiser. Wir treffen die Beauftragte für Flucht und Migration des evangelischen Kirchenbezirkes Neckar-Bergstraße (früher Ladenburg-Weinheim) beim Aufstellen der Banner. „Um Ausgrenzung zu bekämpfen, ist es angebracht darüber nachzudenken, warum wir in unserem Sprachgebrauch Bezeichnungen haben, die auf Herkunft oder Hautfarbe abzielen“, begrüßt Pfarrer David Reichert als Hausherr den aufklärerischen Ansatz der Ausstellung.
Begleitende Veranstaltungen
Vorfahren der heute in Europa lebenden Roma und Sinti wanderten vor Jahrhunderten aus Indien beziehungsweise dem heutigen Pakistan ein. Als Ursache gelten Kriege, Verfolgung oder wirtschaftliche Not, jedoch kein „Wandertrieb“, wie lange unterstellt wurde. Solche Stereotypen und Klischees entlarvt die Ausstellung, indem sie verdeutlicht: „Zigeunerbilder“ spiegeln eher Fantasien und Ängste der Mehrheitsgesellschaft wider, als dass sie tatsächlichen Lebensverhältnissen entsprächen. Die vielfältige Wirklichkeit stellen die Mannheimer Ausstellungsmacher den Fremdbildern der Mehrheitsgesellschaft gegenüber.
Gezeigt werden aber nicht nur Antiziganismus in Politik, Kunst, Wissenschaft, Kirche und Alltag. Vielmehr nennt die Ausstellung auch Strategien der Europäischen Union (EU) gegen Antiziganismus.
Zwei Veranstaltungen begleiten die Ausstellung in der örtlichen Reihe „Offene Kirche“: Nach der Vernissage mit Bürgermeister Stefan Schmutz am Freitag, 1. Oktober (19.30 Uhr), findet am Samstag, 9. Oktober, um 20.15 Uhr ein „KirchenKinoabend“ zum Thema statt: Zu sehen gibt es dann den Film „Django - ein Leben für die Musik“ über das Leben des legendären Jazzgitarristen Jean „Django“ Reinhardt. Bereits um 19.30 Uhr am selben Abend setzen Texte, Worte und Musik „Impulse zum Film“.
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