Ab dem 10. September

Tutanchamun - die Pracht Ägyptens in den Mannheimer REM

Von 
Peter W. Ragge
Lesedauer: 
Originalgetreu nachgebaut und komplett vergoldet: die Grabkammer des Tutanchamun mit vier Schreinen und drei Särgen, wie sie 1922 entdeckt wurde. © Christoph Blüthner

„Wunderbare Dinge“ sehe er, soll Howard Carter gesagt haben, als er eine kleine Öffnung in die Mauer klopfte und eine Kerze hineinhielt. Das war im November 1922. Jetzt, 99 Jahre später, kann man in den Reiss-Engelhorn-Museen solche wunderbaren Dinge wie damals bei der Ausgrabung im Tal der Könige in Ägypten wieder sehen. Bis Februar 2022 gastiert hier die weltweit erfolgreiche Ausstellung „Tutanchamun – Sein Grab und die Schätze“, ehe sie danach nach Moskau weiterzieht.

Gold, überall glitzert und schimmert Gold, dazu Alabaster, Perlen und Ebenholz. Das ist der erste Eindruck, wenn man die Räume im Zeughaus betritt, und das setzt sich dann im zweiten Stockwerk fort. Nur wenige Scheiben schützen die Exponate, teils kann man ihnen sehr nahe kommen. „Lassen Sie sich verzaubern“, sagt dazu Wilfried Seipel, ehemals Generaldirektor des Kunsthistorischen Museums Wien und nun einer der Kuratoren der Ausstellung.

Fast 1000 Exponate

Und die fast 1000 Exponate verbreiten tatsächlich eine ungewöhnliche Aura, auch wenn es keine Originale aus der Zeit des Pharao sind – die lässt Ägypten nämlich nicht aus dem Land, teilweise sind sie auch beschädigt oder zerstört. Für die Tourneeausstellung seien aber in Ägypten „großartige Repliken“, wie Seipel lobt, hergestellt worden: „Sie ermöglichen den Zugang zu einer fremden Kultur und helfen uns, zu verstehen, was die Menschen gefühlt, gedacht, geglaubt haben“, so der Ägyptologe Seipel.

Und dabei stehe eine „sehr starke Jenseitsbezogenheit“ im Vordergrund. Daher legte man großen Wert darauf, dass Tote unversehrt und – mit vielen Grabbeigaben bis hin zu Speisen – versorgt bleiben, ehe sie im Jenseits auferstehen. „Dafür hat man einen unglaublichen materiellen Aufwand getrieben“, so Seipel.

Und den sehen die Besucher. Sie „erleben alles so, wie es Carter entdeckt hat“, sagt Wolfgang Wettengel, der zweite Kurator. Nach einem Film, der Grabungschef Howard Carter, seinen Finanzier Lord Carnavon und die sechs Winter dauernde vergebliche Suche im Wüstensand zeigt, ist die erste Station der Ausstellung die Nachbildung der Vorkammer, die Carter zunächst öffnete. Über 3000 Jahre war das Grab unberührt gewesen. Seltsam anmutende Tiere, Statuen, überall glänzendes, schimmerndes Gold, drei große, vergoldete Betten mit merkwürdigen Tierköpfen, weiße, eierförmige Behälter mit Nahrungsmitteln, sein prunkvoller Thron mit eingelegten Steinen – alles wunderschön, bewacht von einer schwarzen, schakalköpfigen Figur des Gottes Anubis. Aber das ist nur der Anfang. Nach Öffnung der Sargkammer sah Carter den, so Seipel, „großartigen Schrein“. Vier solcher Schreine waren ineinandergeschachtelt. Nun stehen sie original- und maßstabsgetreu im ersten Stock des Zeughauses aufgereiht, goldglänzend. „So haben sie vor 3000 Jahren ausgesehen, die Originale sind heute in einem eher traurigen Zustand“, berichtet Wettengel aus Ägypten. In Mannheim dagegen sehe man „meisterhafte Duplikate von hervorragender Qualität“.

Mannheim

Ausstellung Tutanchamun

Veröffentlicht
Bilder in Galerie
33
Mehr erfahren

Im vierten, innersten Schrein befanden sich wiederum drei Särge, im letzten, komplett aus Gold hergestellten Sarg die mumifizierte Leiche mit der berühmten Maske des Pharaos mit Nemes-Kopftuch, Bart und den mit Lapislazuli umrandeten Augen, die in die Unendlichkeit blicken. Die Besucher können direkt in diese Augen schauen, dann aber noch viele Grabbeigaben wie Ringe, Ohrringe, Armreifen oder Pektorale, die goldenen Sandalen sowie zahlreiche Götterfiguren bewundern.

„Die berühmteste Maske der Welt“, so Christoph Scholz, Director SC Exhibitions, der Abteilung der Firma Semmel Concerts, die diese Ausstellung mit Ägyptologen entwickelt hat und auf Tournee schickt. Sieben Millionen Besucher haben sie schon in Europa und den USA gesehen. Scholz äußerte sich „sehr glücklich“, dass die Sonderschau – die schon im Mai 2020 nach Mannheim kommen sollte, aber wegen Corona verschoben wurde – jetzt nach einer für die Kulturbranche schweren Zeit gezeigt werden darf.

Schritt zur Normalität

„Ein mutiger, hoffnungsvoller Schritt Richtung Normalität“, meinte Kulturbürgermeister Michael Grötsch zur Eröffnung. Er dankte der Firma Semmel Concerts, dass sie in Mannheim „dieses ganz besondere, herausragende Kulturerlebnis“ ermögliche und hier mit der „ganz tollen Ausstellung“ Station mache. Sie passe auch prima zur Ägypten-Ausstellung, die seit 2014 von den Reiss-Engelhorn-Museen gezeigt werde.

„Das ergänzt sich hervorragend“, bekräftigte Sarah Nelly Friedland, Direktorin Archäologie und Weltkulturen der Reiss-Engelhorn-Museen. Die Ausstellung von Semmel sei „detailreich, faszinierend und ein unvergleichliches Erlebnis“. Sie bereichere das Angebot des Hauses, weshalb man gerne die Kooperation eingegangen sei, und passe zudem gut zur „Eiszeit-Safari“ im Museum Weltkulturen: „Während die Pyramiden gebaut wurden, lebten die letzten Mammuts!“, so Friedland.

Redaktion Chefreporter

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen