Reisen

Leben im Van: Melinda und Dawid fahren um die Welt

Wohnen auf zehn Quadratmetern: Melinda und Dawid sind mit ihrem selbst ausgebauten Van und rund 23 800 Followern in der Welt unterwegs. Ein Besuch bei einem Zwischenstopp im Odenwald

Von 
Ann-Kathrin Weber
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Heimat: Für die beiden ein schöner Ort, wo sie zusammen sind. © MelindaundDawid(Instagram)/www.melindaunddawid.de

Region. Wer in den vergangenen Wochen aufmerksam durch die Heimat gefahren ist, hat ihn vielleicht am Straßenrand entdeckt, den salbeigrünen Van von Melinda und Dawid. Stand er nun mehrere Wochen in Trösel neben Kühen und Pferden, zeigt sich den beiden derzeit ein anderer Ausblick aus dem Küchenfenster, das gleichzeitig auch das Wohnzimmerfenster ist: Denn gerade sind sie im süditalienischen Apulien unterwegs.​

Von der Heimat aus ging es also wieder direkt auf Reisen – so wie sie es seit über zwei Jahren machen. Dabei nehmen Melinda, die aus Wolfsburg kommt, und Dawid, der in Gorxheimertal aufgewachsen ist, ihre rund 23 800 Follower auf ihrem Instagram-Account mit und geben Einblick in ihr Leben, mit dem viele andere liebäugeln: Freiheit und Reisen, Vanlife und gefühlt jeden Morgen den Kaffee an einem anderen Ort genießen.​

Hündin Nusa ist den beiden auf Sardinien zugelaufen und gehört seitdem fest zum Vangespann. © MelindaundDawid(Instagram)/www.melindaunddawid.de

Er ist größer als gedacht, wenn man plötzlich vor dem Van steht, den man nur vom kleinen Display kennt: Auf zehn Quadratmetern haben sie in ihm alles verstaut, was man zum Leben braucht. Von der Küche bis zum Bett, vom Bad bis zum Hundebereich. Das umgebaute Auto bietet also genug Platz für Ideen, Träume und seit einem Jahr auch für die kleine Hündin Nusa, die den beiden auf Sardinien zugelaufen ist und die seither das Vangespann komplett macht.​

Raus aus dem Alltag, rauf auf vier Räder​

Erst aus dem alltäglichen Leben aussteigen, dann in das Zuhause auf vier Rädern einsteigen und los in die Welt – diesen Wunsch haben viele. Und wieder andere haben ihn sich erfüllt, den Traum der Selbstständigkeit und der Freiheit, heute hier zu sein und morgen dort. Viele von ihnen teilen ihr Leben in den sozialen Netzwerken. So auch Melinda und Dawid. Vor fünf Jahren haben die beiden heute 36-Jährigen mit dem Reisen – damals noch mit Rucksäcken – begonnen und haben bis heute über 25 Länder erkundet. Aber wie wurde in ihnen die Entdeckerlust geweckt?​

Das Vanlife in Zahlen

  • Melinda und Dawid begaben sich im Jahr 2018 mit Rucksäcken auf eine Weltreise.
  • Seit mittlerweile über zwei Jahren sind sie mit ihrem selbst ausgebauten Van unterwegs. Seit einem Jahr lebt auch Hündin Nusa im Van und macht das Gespann komplett.
  • Beim Van von Melinda und Dawid handelt es sich um das Modell VW LT32, Baujahr 2005. Im Jahr 2019 kauften sie ihn für 4500 Euro und haben bis dato rund 22 000 Euro für den Ausbau und die Unterhaltungskosten reingesteckt. Bisher haben sie 70 000 Kilometer in ihrem Van zurückgelegt. Während ihrer Reisen waren Melinda und Dawid bereits in über 25 Ländern unterwegs.
  • Sie haben rund 23 800 Follower bei Instagram (@melindaunddawid) und über 11 000 Abonnenten bei YouTube (@DawidundMelinda).
  • Mehr Informationen gibt es unter www.melindaunddawid.de

„Wir waren beide Anfang 30, als wir geheiratet haben und entschieden, alles zu verkaufen, in Deutschland alles abzumelden und dann im Jahr 2018 auf Reisen zu gehen. Unsere Familien glaubten, jetzt kämen Kinder, Haus, Garten. Doch es kam die Weltreise per Rucksack und ein Jahr später folgte dann der Ausbau des Vans“, erklärt Melinda, während sie an diesem Julitag unter dem Baum sitzt und Kaffee einschenkt. Der kleine Tisch vor dem Van ist gedeckt und Nusa buddelt sich unter diesem eine kleine, kühle Grube.​

Mit zwei Rücksäcken und einem Pappschild​

Als Dawid die Geschichte einer Teilnehmerin der Sendung „Wer wird Millionär?“ als Hörbuch hörte, die mit ihrem Gewinn einfach losfuhr, wurde der Samen gelegt. YouTube-Videos über Weltreisen vertieften den Plan, bis es 2018 mit zwei Rucksäcken und einem Pappschild in der Hand in Gorxheimertal losging. Der erste Stopp war in München und ihr Weg führte sie immer weiter Richtung Osten, bis sie schließlich in Vietnam landeten. Mehrere Monate lang entdeckten sie Länder und Kulturen und schlossen Freundschaften, die sie inspirierten.​

„Beim Reisen geht es auch darum, Geschichten zu sammeln. Es ist ein großer Schatz an Erinnerungen entstanden, der uns viel bedeutet“, sagt Dawid. Damals trafen sie die Entscheidung, mit den Rucksäcken unterwegs zu sein. Danach war ihnen schnell klar: Sie wollen mehr.​

Mut und ein bisschen Glück​

Eine Entscheidung benötigt Mut und dann vielleicht auch ein bisschen Glück. Im Fall von Melinda und Dawid kann man von beidem sprechen. Kennengelernt haben sich die beiden vor zehn Jahren auf dem Weinheimer Marktplatz. Der gelernte Kaufmann für Versicherungen und Finanzen arbeitete hinter der Bar im Café Florian und sie im Friseurgeschäft wenige Meter entfernt. Der Rest ist eine Liebesgeschichte, wie sie eben nur das Leben schreiben kann.​

Mit Anfang 20 konnte sich Melinda noch gar nicht vorstellen, nicht in Deutschland zu leben. © MelindaundDawid(Instagram)/www.melindaunddawid.de

Bei einer – wie könnte es anders sein – ersten kleinen gemeinsamen Reise verliebten sie sich, seit sechs Jahren sind sie verheiratet und tragen gemeinsam die Entscheidung, ihr Leben anders als erwartet zu verbringen. „Mit Anfang 20 hätte ich mir nie vorstellen können, nicht in Deutschland zu leben und nicht in meinem Laden zu stehen“, erinnert sich Melinda. Es sei ein großes Glück, jemanden zu finden, mit dem man sich im wahrsten Sinne des Wortes auf diese Reise begeben kann.​

„Wir waren schon immer neugierig“​

Nachdem sie von ihrer Rucksackreise zurückkamen, wollten sie weiter unterwegs sein, aber mit dem eigenen Zuhause. Sechs Wochen lang haben sie dann in Australien das Camperleben ausprobiert – mit Erfolg. „Wir waren schon immer neugierig“, sagt Melinda. Diese Neugierde haben sie sich auch beim Ausbau ihres Vans behalten, den sie gebraucht kauften und umbauten, ohne Erfahrung und ohne viel Geld, aber mit viel Begeisterung.​

In Sachen Ausbau waren sie absolute Anfänger, informierten sich über YouTube-Videos und bekamen Unterstützung von Familienmitgliedern, die selbst über das gute Ergebnis erstaunt waren. „Die Schränke sind zwar teilweise schief, aber das hat auch irgendwie Charme und wir fühlen uns wohl“, sagt Dawid lächelnd und auf den drei Stufen sitzend, die direkt in den liebevoll gestalteten Van führen.​

Der Ausbau dauert zwölf Wochen​

Zwölf Wochen hat der Ausbau gedauert, bis sie ihre erste Reise schließlich nach Dänemark führte. Zwei Jahre waren sie unterwegs, „dann haben wir eine Aufgabe gebraucht“, sagt Melinda, „und wir mussten eine Grundsatzentscheidung treffen, wie wir unser Geld verdienen wollen“. Sie zogen nach Mannheim und sammelten Erfahrungen, um ein eigenes Café in der Quadratestadt zu eröffnen.​

Den Van baute das Influencer-Pärchen mithilfe von YouTube-Videos und Familienmitgliedern aus. © MelindaundDawid(Instagram)/www.melindaunddawid.de

Doch dann kam die Pandemie und die Gastronomie wurde so gut wie lahmgelegt. Gleichzeitig wurde der Ruf nach Freiheit dann doch wieder lauter und sie starteten noch während der Pandemie ihre Reise Richtung Süden und wagten einen großen Schritt: Seit dieser Zeit leben sie komplett im Van und bauen immer mal wieder Zwischenstopps in der Heimat ein. Ihre bisher weiteste Fahrt führte sie von Weinheim auf die Insel Fuerteventura mit einer Fährfahrt von 36 Stunden.​

Eine Definition von Heimat​

Ab und an zieht es sie in eine pulsierende Umgebung, „mal kurz Stadtluft schnuppern“, um dann wieder auf staubigen Straßen zu fahren und an Küsten, Stränden und kleinen Dörfern Stopps einzulegen. Digital und in der Natur unterwegs zu sein – eine gute Kombination, finden beide. Auch wenn der Van für sie ihr „Zuhause“ geworden ist, so wollen sie jedoch auf lange Sicht eine Basis in Deutschland haben, denn manchmal werde man „reisemüde“, wenn es unter anderem darum geht, Stellplätze zu suchen. „Wir wollen in Zukunft eine Basis haben und reisen: Das eine schließt das andere nicht aus“, erklären beide.​

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Und was bedeutet Heimat für jemanden, der auf Reisen ist? „Heimat bedeutet für uns ein gemütliches Zuhause, einen schönen Ort und natürlich ist Heimat da, wo wir zusammen sind. Heimat ist Wohlfühlen und das können wir mit unserem Zuhause an vielen Orten, aber der Odenwald hat schon einen ganz speziellen Platz in unserem Herzen“, erklären sie.​

Instagram wurde plötzlich größer​

Schon während der Zeit, als sie mit dem Rucksack unterwegs waren, betrieben sie ihren Instagram-Account und YouTube-Kanal, mit denen sie anfangs jedoch nur Freunde und Familie über ihre Reisestationen informieren und selbst eine Art Reisetagebuch als Erinnerung führen wollten. Doch dann wurde es größer. „Die Videos über den Ausbau des Vans wurden plötzlich viel geklickt“, erinnert sich Dawid.​

Wie erklärt er sich diesen Boom? „Es haben plötzlich viele danach gesucht. Durch ein Leben im Van werden bei vielen Fernweh und die Sehnsucht geweckt, aus dem Hamsterrad rauszukommen, zu entschleunigen, frei zu sein und minimalistischer zu leben“, zählt Dawid auf. Durch ihren Account motivierten sie bereits andere, ebenfalls auf vier Rädern unterwegs zu sein. Melinda und Dawid sehen sich selbst als einen Reiseaccount, der zeigen soll, dass die Welt schön ist. Und dass Kaffee sie ein bisschen schöner machen kann.​

Ein Leben im Van als Entschleunigung und Chance, minimalistischer zu leben - für Dawid eine Erklärung für den Boom des Instagram-Accounts. © MelindaundDawid(Instagram)/www.melindaunddawid.de

Auf ihrem Instagram-Account zeigen sie ihren Alltag im Van. Aber wie realistisch wird dieser dargestellt? „Wir zeigen viel, auch wenn wir vor Herausforderungen stehen oder über Finanzielles sprechen. Aber natürlich teilen wir nicht alles Private. Auf Instagram zeigt man nur ein paar Minuten seines Tages und meistens die schönen und nicht unbedingt die, in denen beispielsweise gestritten wird oder man Behälter leeren muss. Das vergessen viele schnell“, sagt Melinda.​

Diesen Lebensstil finanzieren​

Mittlerweile können sich beide diesen Lebensstil gut finanzieren. Möglich wird das durch Kooperationen mit ausgewählten Firmen, deren Produkte sie bewerben, und durch Werbung, die vor ihre YouTube-Videos geschaltet wird. „Wir sind da reingewachsen und sind dabei, uns etwas aufzubauen“, erklärt Dawid. Ihr E-Book über Kaffeezubereitung, über die sie auf ihren Reisen viel gelernt haben, ist vor Kurzem fertig geworden.​

Auch Kaffee kann die Welt etwas schöner machen - das zeigen die beiden auf ihrem Instagram-Account. © MelindaundDawid(Instagram)/www.melindaunddawid.de

Und wenn die digitale Nachfrage einmal nicht mehr so groß sein sollte wie derzeit? „Wir haben ja unsere Berufe und wir konnten in den vergangenen zwei Jahren viele Erfahrungen sammeln, die uns eventuell auch beruflich weiterhelfen können“, sagt Melinda. Außerdem haben sie noch diesen gemeinsamen Traum von einem eigenen Café – aber wo auf der Welt? Das ist noch offen.​

Ein wichtiger Tipp​

Für all diejenigen, die dem Ruf der Freiheit ebenfalls folgen wollen, haben sie einen Tipp: „Sparen – wir haben bereits ein Jahr im Voraus angefangen –, sich einen Überblick verschaffen und einen Puffer aufbauen. Und man darf nicht vergessen, dass es viel Zeit und Geld für gutes Equipment kostet, um für Instagram gute Aufnahmen zu kreieren“, sagt Melinda und Dawid ergänzt: „Man hat viele Freiheiten, entscheidet selbstständig, aber ist eben auch selbst verantwortlich. Wenn ich tagsüber eine lange Pause mache, dann muss ich eben manchmal auch bis spät in die Nacht dasitzen und Videos schneiden.“ Angst sei kein guter Ratgeber, wenn es darum gehe, seine Wünsche zu erfüllen. „Und man ist auch nie zu alt dafür“, sagt Melinda lächelnd und mit einem bekräftigenden Nicken.​

Und wie geht es für sie weiter auf der Landkarte? Den Sommer verbringen sie in Italien, den Winter dann in Griechenland. Wann sie das nächste Mal wieder in die Heimat rollen, ist noch nicht fix. Aber fest steht bereits: Der Van wird vollgepackt bis unter das Dach mit Erinnerungen sein.​

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