Tanz

Urban-Bodies-Festival: Ein Tanz mit den Händen

Die zweite Ausgabe des Urban-Bodies-Festival ist zu Ende gegangen – mit zwei Werken, die zeigen, welche besondere Rolle Hände im Tanz spielen.

Von 
Nora Abdel Rahman
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Der Seelenzustand lässt sich allein an dem Einsatz der Hände ablesen: „Schatten meiner Haut“. © Günter Krämmer

Mannheim. In der Metropolregion Rhein-Neckar gibt es inzwischen zwei Persönlichkeiten, die für eine Entwicklung und Vernetzung der urbanen Tanzszene stehen: die Choreografin Christina Liakopoyloy vom Nostos Tanztheater in Heidelberg und den Mannheimer Tänzer und ehemaligen Weltmeister in urbanen Tanzstilen David Kwiek alias Mr. Quick. Beide haben als künstlerisches Duo in den vergangenen Jahren den urbanen Tanz mit viel Ausdauer durch Festivals und Workshops vorangetrieben. Ihnen und ihren Veranstaltungspartnern ist es zu verdanken, dass Kinder, Jugendliche und Erwachsene die Vielfalt des urbanen Tanzes mit dem eigenen Körper erproben und erlernen können. Zugleich präsentieren ihre Festivals aktuelle künstlerische Produktionen der zeitgenössischen urbanen Tanzszene. So geschehen etwa beim Format Bodies at Resistance II, das 2023 namhafte urbane Tänzerinnen und Tänzer mit politischen Themen und ästhetischer Formenvielfalt auf die Bühne brachte. Darauf folgte 2024 das erste Urban-Bodies-Festival in den Räumen der Heidelberger Heiliggeist-Kirche und im Mannheimer Theater Felina-Areal. Dazu gab es Workshops im Locking, BBoying, Breakdance und House. Jetzt ist am vergangenen Sonntag Urban Bodies II im Theater Felina Areal mit zwei Werken zu Ende gegangen.

Urbane Tanzstile haben sich zu eigenen Regelwerken formiert

Hände können im Tanz eine besondere Rolle spielen. Je nach Kultur und Stil folgen sie dann einer eigenen Zeichensprache und werden als expressives Mittel eingesetzt. Im urbanen Tanz sind die Spielformen des menschlichen Körpers so vielfältig wie das Leben auf der Straße. Doch auch hier haben sich die einzelnen urbanen Tanzstile zu eigenen Regelwerken formiert. Als Subkultur auf den Straßen der Metropolen entwickelt, geht die Geschichte vom Hip-Hop zurück bis in die 1960er Jahre. So ist etwa der Stil Popping an der Westküste der USA entstanden und zeichnet sich durch schnelles Anspannen und Entspannen von Muskelpartien aus. Im Tanz sind abrupte Bewegungen dann mit weichen kombiniert. Oder Locking, in den Nachtclubs von Los Angeles um 1970 entwickelt, lässt schnelle Bewegungen für Momente einfrieren, um anschließend in der gleichen Geschwindigkeit fortzusetzen. Ebenso zählt auch das Waving zur Hip-Hop- und Funk-Kultur des urbanen Tanzes. Hier werden Wellen durch den Körper geschickt, die sowohl vertikal als auch horizontal verlaufen können. Armwellen beginnen in den Fingern und wandern über das Handgelenk weiter bis zum Ellenbogen und den Schultern. In „Schatten meiner Haut“ erzählt Angelo „J-Soul“ Berber von Selbst- und Fremdbildern. Dabei spielen die Hände der Tänzer Ousma „P-Soul Conteh“ und Kenneth Villegas eine herausragende Rolle. Allein an ihrer Fingerfertigkeit lässt sich der Seelenzustand des Duos ablesen.

Erzählt von Krieg und Zerstörung: „Little Sorrows II“ von Christina Liakopoyloy. © Günter Krämmer

In „Little Sorrows II“ von Christina Liakopoyloy erzählen neben den Körpern die Hände von Giovanna Araujo und Aleksandrs Baldiskins von Krieg, Sorge und Zerstörung. Wellen, Fäuste oder starres Zeichen einer Waffe bringen ihre Finger symbolisch zum Sprechen und zeigen allein damit schon eindrucksvoll die Kunst des urbanen Tanzes. Hoffen wir auf viele weitere Urban-Bodies-Festivals, damit der Nachwuchs den Tanz von der Straße weiterhin für die Bühne erschließt.

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