Konzert

Song-Poet PeterLicht erhellt Heidelberger Karlstorbahnhof

Immer noch schwerelos, aber mit neuer Dynamik macht PeterLicht auf seiner „Alles klar“-Tour im Heidelberger Karlstorbahnhof Station.

Von 
Martin Vögele
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Song-Poet und hellsichtiger Indie-Pop-Melancholiker: PeterLicht (r.) und Mitmusiker Benedikt Filleböck im Heidelberger Karlstorbahnhof. © Martin Vögele

Heidelberg. Unter Menschen eines gewissen Alters wird wohl kaum ein Text zu PeterLicht ohne Verweis auf seinen Hit „Sonnendeck“ auskommen. Aber es ist eben so: Der Sänger und Song-Poet hat damit vor bald 25 Jahren einen Elektronen-Pop-Orbit geschaffen, in welchem ein musikalisches Ich-Teilchen in wunderbarer Unschärferelation von Ort und Impuls zwischen Lichtbad, Radarkontrollraum und Unterwasserwelt hin und her fluktuierte.

Damals, 2001, als er sein phänomenales Debütalbum „Vierzehn Lieder“ veröffentlichte, schien auch der Künstler selbst noch ein Rätsel zu sein: Es gab keine Fotos von ihm, und dass er nicht nur Musiker, sondern ebenso Schriftsteller und Dramatiker war (beziehungsweise sein würde) und mit bürgerlichem Namen Meinrad Jungblut heißt, war gleichermaßen unbekannt.

Alltagstauglicher Erkenntnisgewinn: „Und alles ist Käse“

All das weiß man heute. Aber die Schwerelosigkeit, mit der sich „Sonnendeck“ durch den Pop-Äther bewegt, ist bis heute weder geringer noch stofflicher geworden, wie sich beim Konzert im Heidelberger Karlstorbahnhof erweist. Wenngleich der Vokalist und Gitarrist im Duo-Verbund mit Benedikt Filleböck (Tasten, E-Bass, E-Gitarre, Co-Gesang) die Live-Version mit deutlich mehr Dynamik ausgestaltet. „Alles klar“ hat PeterLicht die dazugehörige Tour nach seinem jüngsten, vergangenes Jahr erschienenen Album genannt, an dem Filleböck ebenfalls mitgewirkt hatte.

Als Eröffnungsstück erklingt „Candy Käsemann“ im passabel gefüllten Saal, eine jazzige Klavierballade mit Blues-Anteilen und alltagstauglichem Erkenntnisgewinn („Und alles ist Käse“). „Das absolute Glück“ schaut hiernach eindrücklich über den Rand der Welt in die Melancholie hinaus und „Dämonen“ schimmert in brüchiger, nachgerade Brecht’scher Beklommenheit aus dem Arpeggio-Gitarren-Halbdunkel.

Launiger Mitmachmoment bei „Benimmunterricht“

Im schönen aktuellen Stück „Meine Welt“ geriert sich PeterLicht als folkiger Indie-Liedermacher, und in „Wir schulden Euch nichts“ (gleichfalls auf der neuen Platte zu finden) nimmt er die Perspektive der Nachgeborenen ein, die der gargantuesken Weltvertilgung durch unsere Generation die kalte Klima-Schulter zeigt. Der freudvolle System-Abgesang „Lied vom Ende des Kapitalismus“ ist dagegen ein weiterer ausgewiesener Klassiker im Werkverzeichnis des Kölners, genau wie das herrlich lakonische Lied „Heiterkeit“. Und „Alles was du siehst gehört dir“ geht – angetrieben von einem veritablen New-Order-Bass – wie ein Glücksregen über dem Saal nieder.

Bei „Benimmunterricht (Der Arbeitgeberpräsident)“ gibt es einen launigen Mitmachmoment, in dem das Publikum dazu angehalten ist, ein Pressemitteilungszitat des vormaligen BDA-Präsidenten Dieter Hundt zu vertonen: PeterLicht legt vor, das Publikum wiederholt den Text unter vollem Stimmbandeinsatz – man solle dabei den „Schmerz der Katharsis“ verspüren, so der Sänger.

Zum „Chipslied“ wechselt er kurzzeitig ans Keyboard, bei „Gerader Weg“ jagt das Duo dann wieder in gewohnten Positionen im furiosen Sprechgesang- und Piano-Galopp über den Chanson-Parcours. Im „Lied gegen die Schwerkraft“ ergeht sich PeterLicht – abermals mit Publikumshilfe – in der Kunst der genüsslich-gepflegten Monument- und Himmelskörper-Beschimpfung, bevor „Wettentspannen“ als letzte Zugabe das groovige Ende eines fabelhaften Konzerts markiert.

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