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Ritual-Folk-Band Heilung beeindruckt beim Mannheimer Zeltfestival

Vogelgezwitscher, eigenwillige Rituale, raunender Gesang: Die besondere Mischung der Band Heilung fand beim Zeltfestival Rhein-Neckar auf dem Maimarkt Anklang.

Von 
Martin Vögele
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Auch optisch anders: Die Nordic-Ritual-Folk-Band Heilung mit ihrer Sängerin Maria Franz beim Auftritt auf dem Zeltfestival Rhein-Neckar in Mannheim. © Rudolf Uhrig

Mannheim. Die Palastzelt-Bühne erinnert an diesem Abend weniger an eine Konzertstätte, als vielmehr an eine Waldlichtung oder einen Feenkreis, wo sich Druiden und Dryaden die Hände reichen. Es ist auch keine Ouvertüre, kein Intro, wodurch der Auftritt der Nordic-Ritual-Folk-Gruppe Heilung eingeläutet wird, sondern Vogelgezwitscher und eine Art Eröffnungsritus. „Remember that we all are brothers“, deklamiert eine weihevolle Stimme, die von einem guten Dutzend Akteurinnen und Akteuren wiederholt wird, übersetzt: „Denkt daran, dass wir alle Brüder sind.“

„Alle Menschen/Und Kreaturen und Bäume/Und Stein und Wind“, heißt es weiter in dieser „Open Ceremony“, der die über 3500 Zuschauerinnen und Zuschauer beim Zeltfestival Rhein-Neckar auf dem Mannheimer Maimarktareal beiwohnen. Mit dem Stück „In Maidjan“ wird diese Locus-amoenus-Idylle indes kurz darauf von jähem, stoßartig-gutturalen Gesang und wuchtig-monotonem Trommelgestöber durchbrochen, über dem sich dann wiederum ein liturgisch anmutender Choral entfaltet.

Musikalische Wurzeln im Folk der 1980er Jahre

Über diese repetitiven, mantraartigen Soundmuster vollziehen sich viele Stücke der dänisch-deutsch-norwegischen Band, die 2014 von dem Schlagwerk- und Vokal-Trio Kai Uwe Faust, Maria Franz und Christopher Juul gegründet wurde: Wir hören archaisch anmutenden, grollend-schroffen männlichen (Oberton-)Gesang, der von hellen weiblichen Stimmen, gelegentlich auch von Zimbelklang oder Flötenspiel kontrastiert wird. Zugrunde liegt dieser im Pagan Rock und -Folk der 1980er verwurzelten Musik allenthalben ein tranceartig durchgeschlagener 4-to-the-floor-Trommeltakt: ein eisenzeitlicher Techno-Beat, wenn man so will. „Anda fardha - End of a Journey“ ist die aktuelle Tour betitelt, auf die laut Ankündigung der Band eine Pause auf unbestimmte Zeit folgen soll.

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Mindestens ebenso sehr wie eine konzertante ist dies eine durchaus eindrückliche theatrale Darbietung: Man trägt Geweihe, Blattwerk-Kränze und Körperbemalung; die mit Rundschilden und Speeren ausgestatteten Komparsinnen und Komparsen führen martialisch-zeremonielle Choreografien auf. Die Inszenierung mutet durchaus cineastisch an - man darf an Filme wie Rainer Sarnets „November“, Roger Eggers‘ „The Northman“ oder auch Robin Hardys Paganismus-Klassiker „Wickerman“ denken.

Während Heilung all dies mit reichlich Gravitas zelebriert, bereitet das Vorprogramm, das (nach der Eröffnung durch die französische Band Alcest) von der mongolische Gruppe The Hu bestritten wird, buchstäblich einen Heidenspaß. Diese beweist nicht nur durch die Namenswahl einen sympathischen Sinn für Humor: „Hu“, wie nachzulesen ist, ist einerseits die mongolische Wurzelsilbe für das Wort „Mensch“; gleichzeitig verweist der Bandname phonetisch unverkennbar an eine der größten Rockgruppen der Musikgeschichte - The Who.

Druckvoller Marsch durch staubtrockene Steppen

Die Formation aus Ulaanbaatar spielt einen Hard-und Heavy-Rock, der Obertongesänge, traditionelle Pferdekopfgeige und Rahmentrommeln mit rauen Rockstimmen, E-Gitarren, Bass und Schlagzeug verquickt. Wir erleben einen druckvollen Marsch durch staubtrockene Klangsteppen, der tiefe, prägnante Stiefelabdrücke hinterlässt und zudem nonchalant Ikonen wie Iron Maiden („The Trooper) und Depeche Mode („Yuve Yuve Yu“) Referenz erweisen: Das rockt!

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