Schwetzingen. „Am Himmel ziehen Wolken auf und es riecht nach Regen“, singt Lea im Song „Chaos“, als sich ihr Konzert im Schwetzinger Schlosspark dem Ende nähert. Es bleibt an diesem Abend indes nicht bei einer bloßen olfaktorischen Vorahnung von Niederschlag. Zwischenzeitlich ziehen sich die Wolken zusammen, der Himmel verdunkelt sich, und schließlich regnet es tatsächlich. Aber das scheint niemanden unter den knapp 4500 Besucherinnen und Besuchern der Musik-im-Park-Veranstaltung weiter zu kümmern. Vielmehr holt man kurzerhand Capes oder Ponchos hervor und streift sie über, spannt Schirme auf. Dann wird einfach weiter zugehört, weiter mitgesungen. Man könnte sagen, die Eigen-Leuchtkraft der Musik ist hoch: Lea strahlt auch bei Regen.
Der Auftritt der aus Kassel stammenden Popsängerin und Songschreiberin, die bürgerlich auf den Namen Lea-Marie Becker hört, und ihrer dreiköpfigen Band markiert nach „SWR1 Pop & Poesie“ das zweite Konzert der Musik-im-Park-Reihe. Die Bühne ist hierbei mit farbenfrohen Kunstblumen geschmückt, viele Familien, viele Kinder sind im Publikum auszumachen. Und auch die Witterung zeigt sich noch von einladend freundlicher Seite, als die ersten sanft rollenden Klavierakkorde von „1000 Mal“ erklingen und Lea mit hauchzart-heller, gleichwohl kraftvoller Stimme das Konzert eröffnet. Mit ordentlichem The-Weeknd-Drive läuten sie und ihre Mitmusiker hiernach zum Elektro-Pop-Nokturn „Drei Uhr Nachts“, von Haus aus eine Duett-Kooperation mit Kollege Mark Forster. Hier stimmt stattdessen das Publikum beherzt mit ein, wie auch bei dem mit sensibler Hand durch innere Aufwallungen geführten Stück „7 Stunden“ - und wie überhaupt immer wieder während des Auftritts im Zuge von Leas Open-Air-Sommertour.
„Schwetzingen, es ist so schön und so besonders, dass wir hier heute zusammen so friedlich und wundervoll die Musik, das Leben und die Liebe feiern können“, begrüßt die Musikerin ihre Zuschauerinnen und Zuschauer. „Und dass wir das alles machen können, während draußen in der Welt die Stimmen des Hasses und der Spaltung immer lauter und lauter werden“, fährt sie fort. „Lasst uns stark sein, alle zusammen, gegen Hass und gegen Intoleranz und zusammen für eine offenere, für eine buntere und vor allem für eine gerechtere Welt einstehen“, leitet die 33-Jährige ihre emotionale Ballade „Welt“ ein, die abermals, diesmal fast andächtig anmutend, vom Publikum begleitet wird.
Dabei verlässt die Künstlerin kurz die Bühne, um mit einem kleinen Papierschild zurückzukehren, auf dem – die Kamera überträgt es groß auf die zwei ausladenden Videowände - „Du hältst unsere Welt zusammen“ zu lesen ist. Dieser Eindruck bestätigt und verfestigt sich im Verlauf des zweistündigen Konzerts: Die Verbindung zwischen Künstlerin und Fans ist eng und innig, und zwar in beide Richtungen: „Schwetzingen, ich mag euch“, ruft Lea ihrerseits den Besucherinnen und Besuchern während des Songs „Ich mag dich“ zu.
Lea und Musik im Park
- Die Sängerin und Songschreiberin Lea (in Eigenschreibweise: LEA) wurde 1992 unter dem Namen Lea-Marie Becker in Kassel geboren.
- 2016 erschien ihr Debütalbum „Vakuum“ . Zuletzt veröffentlichte die Wahl-Berlinerin im Oktober 2024 ihren sechsten Langspieler „Von der Schönheit und der Zerbrechlichkeit der Dinge“.
- Die Konzertreihe Musik im Park findet dieses Jahr von 31. Juli bis 9. August im Schwetzinger Schlosspark statt. Weiterhin stehen dort Auftritte von Johannes Oerding (2. August), Bryan Adams (3. August, ausverkauft), Zaz (6. August), James Blunt (7. August), Sean Paul (8. August) und Lost Frequencies (9. August) auf dem Programm.
- Mehr Infos : www.musikimpark.com.
Den dynamischen Elektro-Pop-Titel „Aperol im Glas“ interpretiert sie zusammen mit der österreichischen Sängerin Dani Lia, die auch kompetent das Vorprogramm bestritten hat. Für ein (teil-)akustisches Set begeben sich die Lea und ihre Band alsbald auf eine kleine Bühne inmitten des Zuschauenden. Hier bietet die Vokalistin und Keyboarderin unter anderem „Guten Tag, liebes Glück“ dar, ein Lied von Max Raabe, mit dem sie vor einigen Jahren für dessen „MTV Unplugged“-Aufnahmen musizierte. Und kurz klingt hier auch noch einmal „Drei Uhr Nachts“ auf: Als Wahl des elfjährigen Emil, ein Junge aus dem Publikum, den Lea mit auf die Bühne bittet, um gemeinsam ein Lied anzustimmen. Auf der Nebenbühne spielt Lea zudem jenen Song, der einst ihre Karriere zündete: Die Single „Leiser“, mit der sie 2017 bis auf Platz 13 der deutschen Charts vorstieß.
Gegen Ende hin, als - wie der dramaturgische Zufall es will - auch der Regen einsetzt, gibt es atmosphärische Akzentverschiebung hin zu mehr Dramatik. So wird die Bühne zur Elektro-Wucht von „In Flammen“ in rotes Licht gehüllt und Flammenstöße lodern auf. Und das eingangs erwähnte „Chaos“ läutet Lea bezeichnenderweise mit der Frage ein, ob die Zuschauenden bereit seien, „noch einmal so richtig durchzudrehen“.
Das Ende setzt die Sängerin dann wieder in ruhige Töne: Ganz allein am Klavier spielt sie das ihren Eltern gewidmete Stück „Elefant“ und schließlich noch „Ein Liebeslied“, welches zwar nie regulär veröffentlicht wurde. Aber auch hier steigen, ein letztes Mal, die Stimmen der Besucherinnen und Besucher zusammen mit der ihrigen in den Abendhimmel auf.
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