Mannheim. Wer Kunst nur wegen der emotionalen Rendite kauft, ist fein raus. „Die Freude an den Werken, mit denen man sich umgibt, ist unbezahlbar“, sagt der Börsenexperte und Kunstsammler Manuel Koch. Komplizierter werde es, wenn man in der Erwartung einer Wertsteigerung kaufe, denn: „99,9 Prozent aller Kunstwerke sind kein Investment.“ Worauf man beim Aufbau einer Sammlung achten solle, erklärt der Germanist und Politologe, der mehrere Jahre als Korrespondent von der New Yorker Börse berichtete und dem auf seinem YouTube-Kanal „Insidewirtschaft“ 34.000 Menschen folgen, in seinem Impulsvortrag in der Mannheimer Kunsthalle. Auf Einladung der Reinhold-Maier-Stiftung und der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit diskutiert er im Anschluss, moderiert von Stefan M. Dettlinger, dem Leiter des „MM“-Kulturressorts, mit Johan Holten, dem Direktor der Kunsthalle, sowie der Kunstberaterin und Galeristin Leo Dorsch über das Thema „Zwischen Leidenschaft und Lukrativität – Kunstinvestments als private Kulturförderung?“.
Langfristig denken und keine schnelle Rendite erwarten
Die Förderung junger Künstler sei einer seiner Hauptantriebe, betont Koch. Der Vorteil der Arbeiten, die noch an der Akademie oder kurz nach der Ausbildung entstehen: Sie sind günstig. „Der Bereich bis 5.000 Euro ist ein interessantes Marktsegment für Kleinanleger“, erklärt er. Ob er investiert, entscheidet er nach Kriterien wie Eigenständigkeit der Position, Lehrern und Förderern sowie Entwicklungspotenzial: „Das gleicht einer Start-up-Förderung.“ Um Preise einzuordnen, rät er zur „Faktorrechnung“ mithilfe der mathematischen Formel (Höhe + Breite) x Künstlerfaktor = Nettopreis. Bei Absolventen liegt der Faktor üblicherweise bei etwa 10. Zum Vergleich: Den Faktor von Norbert Bisky gibt er mit 250 an.
Es hilft keinem jungen Künstler, wenn sein Werk nach drei Jahren schon auf dem Sekundärmarkt ist.
„Hoch spekulativ“ nennt auch Leo Dorsch den Kauf früher Werke von Künstlern am Beginn ihrer Karriere und rät Talenten und ihren Galeristen zu vorausschauender Planung: „Man muss langfristig denken und darf keine schnelle Rendite erwarten. Es hilft keinem jungen Künstler, wenn sein Werk nach drei Jahren schon auf dem Sekundärmarkt ist.“ Dem stimmt Johan Holten zu und nennt als warnendes Beispiel den hoch geflogenen und tief gefallenen Österreicher Christian Rosa: „Ich will hier kein Plädoyer für den Künstler als leidendes Genie halten. Aber Erfolg macht was mit einem Menschen. Dem muss man charakterlich gewachsen sein.“
Privatsammler manchmal ausleihfreudiger als Museen
Als Chef der städtischen Kunsthalle bewegt er sich bei Ankäufen in einem anderen Marktsegment: der sogenannten „Blue-Chip-Kunst“. Die Preisentwicklung bei internationalen Auktionen mit Werken arrivierter Künstler mache es Museen in öffentlicher Hand schwer mitzuhalten, bekennt er: „Bei Ankäufen brauchen wir Unterstützung zum Beispiel von Stiftungen. Unsere Sammlung profitiert eher von Schenkungen, Überlassungen und Dauerleihgaben.“ Dass Werke in Privatbesitz übergehen, entziehe sie nicht notwendigerweise der öffentlichen Betrachtung, betont er: „Im Gegenteil: Viele Privatsammler, auch hier in Mannheim, verstehen sich als Mäzene und sind sehr ausleihfreudig – manchmal mehr als Museen.“ Nur sei Kunst in Privatbesitz oft schwer aufzufinden: „Es gibt leider kein zentrales Register. Die Suche nach einem bestimmten Werk gleicht der Arbeit eines Trüffelschweins.“
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