Tanz

Das Stück „Black Lights“ bei der Tanz-Biennale Heidelberg

Im Stück „Black Lights“ von Mathilde Monnier, das bei der Heidelberger Tanz-Biennale aufgeführt wurde, geht es um Gewalt an Frauen – und deren Ermächtigung.

Von 
Nora Abdel Rahman
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„Black Lights“ thematisiert Gewalt an Frauen. © Marc Coudrais

Heidelberg. Einzelne Gewächse scheinen dem schwarzen Boden zu entwachsen. Sie wirken ausgedörrt wie Totholz oder bloßgelegte Korallen, ohne ihr Leben spendendes Meer. Dazu wirken die am Boden liegenden Akteurinnen, die ihre Gliedmaße in die Luft ragen lassen, wie bunte Statements auf der großen schwarz ausgelegten Bühne der Hebel Halle in Heidelberg.

Es sind zu Beginn vor allem die Kostüme der Figuren, die ihnen in dieser kargen, verlorenen Landschaft ein jeweils eigenes Gesicht und Leben verleihen. Da trägt eine ein einfaches blaues T-Shirt zu dunkler Hose, eine andere auffällig rot-karierte Shorts zu gelber Bluse und wieder eine trägt einen weißen, eleganten ärmellosen Ganzanzug – die Kleidung der Akteurinnen ist so divers wie sie selbst. Dazu tragen die Tänzerinnen Stiefeletten in allen möglichen Ausführungen. Und um das Anfangsbild von Mathilde Monniers „Black Lights“ zu vervollständigen, fallen auf der Soundspur elektronische Klangsplitter wie abgestoßene harte Brocken in diese Welt.

Choreografin Mathilde Monnier hat sich von einer Arte-Serie inspirieren lassen

Gibt es für „Black Lights“, schwarze Lichter, in der Wahrnehmung ein Bild? Mathilde Monnier hat diesem Titel, dessen zwei Worte sich gegenseitig ausschließen, ein ebenso aus der öffentlichen Wahrnehmung verbanntes Thema gewidmet: die alltägliche Gewalt an Frauen, die zahllosen krassen Übergriffe, denen sie ausgesetzt sind. Monnier hat sich für ihr Projekt von der TV-Serie H24 – 24 Stunden im Leben einer Frau (Arte, 2021) – anregen lassen. Den 24 Episoden der Serie liegen 24 Texte von Autorinnen zugrunde. Elf davon greift die französische Choreografin auf, weil sie, so Monnier „aufgeladen sind mit einer Geschichte des Körpers“.

Und genau darin liegt der Kern ihrer Arbeit. Monniers Werken ist die Bandbreite der Komplexität von Körpern eingeschrieben. Körper, die den Spielraum auszugestalten wissen zwischen Poesie und Politik. In Heidelberg ist die Künstlerin unter den sieben Tänzerinnen, die zugleich auch als Schauspielerinnen agieren, auf der Bühne zu sehen, um der latenten Gewaltkultur Sichtbarkeit zu verschaffen.

Es ist, als würden die Geschichten in Energie gewandelt

In „Black Lights“ wandelt sich die Atmosphäre stetig. Ein leichter Rhythmus schwingt jetzt in der Musik, während die Akteurinnen einzeln in den Vordergrund treten, um ihre Geschichte, dem Publikum zu offenbaren. Und auch hier gilt, dass die gesprochenen Texte, ihre Erzählungen, so divers sind wie das Leben. Mal wird eine Anwältin von ihrem Kollegen auf ihren guten Duft angesprochen mitten in einem professionellen Gespräch; mal ist es die schöne Figur einer Passantin auf dem Weg nach Hause, die von einem Autofahrer zum Einsteigen aufgefordert wird, oder es ist die Schülerin im Workshop, die von ihrem Trainer zur Königin erhoben wird.

Wehe aber, Frauen verweigern die Anmache. Dann riskieren sie alles, was im jeweiligen Kontext auf dem Spiel steht. Aus der radikalen Körpersprache der Tänzerinnen erschließen sich die ungeheuerlichen Verletzungen der persönlichen Grenzen. Am Ende aber hat sich die Musik zu einem schlagenden Beat gesteigert. Es ist, als würden die Geschichten von den tanzenden Akteurinnen in pure Energie gewandelt, die das Publikum aufgreift und von den Stühlen reißt – was für eine grandiose Kampfansage.

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