Mannheim. „Sie haben es verdient!“, sagte Fritjof von Gagern, Vorsitzender der Musikalischen Akademie. Es bekommt schließlich nicht jeder ein Ständchen vom Solocellisten des Nationaltheaterorchesters. Aber an diesem Vormittag wurden im Schauspielhaus mit einem außergewöhnlichen Programm zwei Persönlichkeiten geehrt und mit der Goldenen Bürgermedaille ausgezeichnet, die Außergewöhnliches für das Haus und die Künstler geleistet haben: Achim Weizel, seit 1993 Vorsitzender der Freunde und Förderer des Nationaltheaters, sowie Ulla Hofmann, seit 1994 seine Stellvertreterin.
„Juchei, Juchei“ – Joachim Goltz eröffnete als Jäger aus Kurpfalz das Programm, variierte den Text des Volkslieds mit Dank und besten Wünschen zum Ehrenamts-Ruhestand. Zwar habe er nicht sechs Jahre Gesang studiert, um dann Volkslieder zu singen – immerhin von Generalmusikdirektor Alexander Soddy am Flügel begleitet. Aber für eine „so wunderbare, charmante Dame“ wie Ulla Hofmann und den „mindestens ebenso charmanten“ Achim Weizel mache er auch dies gerne. Schließlich wolle sich das gesamte Ensemble für die, so Goltz, „fantastische und wunderbare Arbeit“ bedanken.
Mit dem „Bockerer“ in China
Sie sollten eben Zuneigung spüren – also sangen Seunghee Kho das Richard Strauss-Lied „Zuneigung“, Goltz und Kho das Duett „Lippen schweigen“ aus „Lustige Witwe“, gab es ein „Danke, Danke“-Dauerfeuer aus den Mündern der Schauspieler Rocco Brück und Robin Krakowski, Beiträge vom Tanz oder vom Jungen Nationaltheater. Ein besonderer Moment: Hedi Kriegeskotte, von 1978 bis 1986 am Nationaltheater und inzwischen 72 Jahre alt, las das Schiller-Gedicht „Die Bürgschaft“. Sie war damals dabei, als das Nationaltheater 1982 mit dem „Bockerer“ in China gastierte – und auch eine Lesung aus diesem Lehrstück über den Faschismus zu dem Vormittag gehörte unbedingt dazu.
Schließlich ist, als Weizel damals das Ensemble als Theaterarzt begleitete und als Statist eingespannt wurde, seine Begeisterung für das Haus entstanden. Auch Ulla Hofmanns Tochter war Statistin im „Bockerer“. Daraus wurden „ein einzigartiges Engagement, unermüdlicher persönlicher Einsatz und eine intensive, bereichernde Zusammenarbeit“, so der Geschäftsführende Intendant Marc Stefan Sickel, dessen Grußwort – wegen einer Erkältung – Opernintendant Albrecht Puhlmann verlas.
Weizel und Hofmann hätten „dem Theater Stimme und Gesicht verliehen“ und stets „Loyalität in Krisenzeiten“ bewiesen. Neben der finanziellen Unterstützung für besondere Projekte oder den Hausautor würdigte Sickel „Elan und Herzlichkeit“ der beiden Förderer. Schauspielintendant Christian Holtzhauer übergab als Dank des Hauses gebundene Werke fast aller bisherigen Hausautoren.
Wie ein Vermächtnis
Besonders persönlich-herzliche Dankesworte kamen aber von Ulrich Schwab, 1996 bis 2005 Mannheimer Generalintendant und nun per Video aus dem Allgäu zugeschaltet. Er knüpfte an das Bonmot an, dass Mannheim so viele Intendanten wie Einwohner habe. Weizel und Hofmann seien dafür zwei herausragende Beispiele. Sie hätten für das Haus „Außerordentliches geleistet“, die Aktivitäten der Freunde und Förderer seien in dieser Dimension bundesweit einmalig. „So viel Euphorie und Leidenschaft habe ich in der deutschen Theaterlandschaft nirgendwo erlebt“, so Schwab.
Dabei stellte er nicht nur die finanzielle Unterstützung heraus und erinnerte an die Hilfe für zwei „Ring“-Produktionen, darunter die legendäre „Kohle für den Ring“-Aktion. Mindestens ebenso wichtig sei, dass Hofmann und Weizel, die sich „ideal ergänzten“, nicht nur Liebe und Begeisterungsfähigkeit für das Theater gezeigt, sondern sich der Künstler persönlich angenommen, ihnen Wertschätzung vermittelt und Mannheim zur Heimat gemacht hätten, betonte Schwab und erwähnte ausdrücklich die besondere Gastfreundschaft von Heide Weizel.
Amt in jüngere Hände legen
Damit hatte Schwab schon ausführlich erklärt, was dann Oberbürgermeister Peter Kurz als „bürgerschaftliches Engagement in besonderer Weise“ zusammenfasste. Hofmann und Weizel hätten den Verein Freunde und Förderer „in völlig andere Dimension geführt, als sie ihn übernommen haben“. Für diese „besondere Leistung über viele Jahre“ und „echte Unterstützung für das Haus und das Engagement für die Stadt insgesamt“ überreiche er ihnen die vom Gemeinderat verliehene Goldene Bürgermedaille. Zugleich betonte er, dass sich das Nationaltheater wegen der Generalsanierung in der „schwierigesten Phase der Nachkriegszeit“ befinde und gerade deshalb solche Unterstützer mehr denn je brauche.
Weizel entgegnete, die Sanierung sei nun ein „logischer Zeitpunkt“, das Amt in jüngere Hände zu legen. Der Vereinsvorsitz sei „eine fordernde, aber befriedigende Aufgabe“ gewesen, erklärte der 81-Jährige: „Es war mir eine Freude und Ehre!“ Zugleich dankte er allen Mitstreitern und zeigte sich „überwältigt“ angesichts des großen Programms zum Abschied von ihm und Ulla Hofmann. Sie erinnerte daran, wie erste Theateraufführungen nach dem Zweiten Weltkrieg wegweisend für ihr Leben gewesen seien. „Theater ist wichtig“, meinte sie, „für jeden von uns“. Dem Theater rief die 90-Jährige „toiotioi“, dem Publikum „Bleiben sie dem Theater treu!“ zu. Es klang wie ein Vermächtnis.
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