Kleine rote Zelte, eine Mauer, ein See und dazu ein geheimnisvoller Zauberwald: der perfekte Ort, um sich am Lagerfeuer einmal von einer ganz anderen Seite zu präsentieren. Eine wichtige Rolle spielt in diesem Kontext das Thema Drachen. Doch wie abgefahren diese Nacht für sie tatsächlich werden wird, das wissen Alfi (Uwe Topmann), Maxi (Soyi Cho) und Nina (Rebecca Mauch) am Anfang noch nicht.
Bei der Premiere von „Fantastische Drachenwesen im Ferienlager – und wie sie sich kombinieren lassen“ hat das Trio kleine, aber auch erwachsene Gäste in die fantastische Welt von mystischen Kreaturen mitgenommen. Die Autoren James & Priscilla haben dafür zusammen mit dem Ensemble des Jungen Nationaltheaters eine popmusikalische Coming-of-Age-Geschichte kreiert, die dafür plädiert, zu seinen versteckten Gefühlen zu stehen. Bei der ausverkauften Premierenfeier im Saal Junges Theater NTM haben die drei Darsteller am Sonntag eindrucksvoll gezeigt, wie gut es tut, wenn man sich seinen Emotionen stellt und diese schließlich zulässt.
Es ist Nacht, doch Alfi und Maxi sind noch nicht eingeschlafen, sondern unterhalten sich. Zunächst überlegt Alfi, wie viele Menschen auf der Welt wohl gerade damit beschäftigt sind, zu telefonieren. Schließlich kommen die beiden auf Drachen zu sprechen. „Es gibt überhaupt keine Drachen“, behauptet Alfi. „Sie sind ausgedacht und ausgestorben.“
Doch Maxi sieht das anders. „Natürlich gibt es Drachen“, betont sie. Nina betreibt Live Action Role Playing (kurz Larp genannt) und verkleidet sich gern als Drachen. Mit den Kreaturen kennt sie sich aus, und so fachsimpelt sie darüber, was passiert, wenn sich Blitzdrachen und Tiefseedrachen verbinden.
Ein besonderes Highlight ist der Gesang
Während Maxi fasziniert zuhört, ist Alfi das Gespräch unheimlich, was er aber nicht so richtig zugeben mag und ihn zur Flucht bringt. Die beiden Mädchen dagegen quatschen am Lagerfeuer weiter – bis sie sich streiten. „Warum sind alle so scheiße?“, will Maxi zornig wissen und verschwindet in ihr Zelt. „Lass mich in Ruhe“, fordert sie. Doch als sie ihre versteckte Seite zulässt, beginnt sie eine faszinierende Metamorphose: Maxi verwandelt sich in einen Drachen mit prächtigen Flügeln. „Ich war wütend, weil ich wütend geworden bin“, erklärt Maxi, die zum ersten Mal ihren Gefühle freien Lauf lässt – und wirkt schon viel glücklicher.
Dem Trio wird klar: Jeder hat sein emotionales Päckchen zu tragen. Denn auch Alfi und Nina unterdrücken bestimmte Gefühle, weil sie spüren, dass die Menschen um sie herum kein Verständnis dafür haben. Alfi hat Ängste, und Nina ist manchmal einfach nur traurig. Werden es die beiden ebenfalls schaffen, zu all ihren Facetten zu stehen?
Das Stück besticht durch humorvolle Dialoge und einen kindgerechten Einblick in die Gefühlswelt der Charaktere, mit denen sich das Publikum gut identifizieren kann. Gleichzeitig sorgt der einfühlsame und kurzweilige Plot für einen spannenden Handlungsstrang. Ein besonderes Highlight ist der Gesang: Die teils fröhlichen, teils nachdenklich machenden Lieder, deren Strophen auf Deutsch und Englisch gesungen werden, geben dem Bühnenwerk eine besondere dramaturgische Note, die viel Beifall von den Zuschauerinnen und Zuschauern erntet.
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