Konzert

Zwischen Pop und Jazz: Söhne Mannheims Jazz Department im Capitol

Das Söhne Mannheims Jazz Department beweist beim Auftritt im Capitol gesangliches Können. Trotzdem könnten sie Improvisationen - und dem Jazz - noch deutlich mehr Raum geben

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Andreas Ahlemann
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Söhne Mannheims Jazz Department mit Sängerin Phalleé und Söhne-Sänger Michael Klimas im Capitol. © Thomas Troester

Mannheim. Eigentlich ist sowohl ihr Name wie auch ihr musikalisches Genre Jazz etwas irreführend. Kommt von den Söhnen Mannheims Jazz Department doch gerade mal einer, nämlich Sänger Michael Klimas aus der Stadt. Aber seien wir mal nicht zu pedantisch. Der Name ist bekannt und warum sollte man ihn nicht weiter nutzen, steht er doch für gut gemachte Popmusik. Was den geneigten Zuhörer mehr verwirrt, ist der Zusatz „Jazz Department“. Im Mannheimer Capitol bringt das Sextett mit der Wormser Sängerin Phalleé alias Stephanie Neigel, dem Heidelberger Drummer Ralf Gustke, dem aus Heilbronn kommenden Michael „Koscho“ Koschorreck sowie Bassist und Produzent Edward McLean und Pianist Sascha Stiehler aus Ghana und Zwickau nämlich kaum Jazz zu Gehör. Lediglich in einem Stück zieht die Instrumental-Abteilung des Jazz Department mal so richtig vom Leder und macht ihrem Namen alle Ehre.

90 Prozent Pop, 10 Prozent Jazz

Besonders Stiehler, der in Leipzig unter anderen bei Richie Beirach studierte, fällt hier mit herrlich virtuos gespielter Improvisation auf. Anzunehmen, dass auch Koscho, Gustke und McLean ihre kurze improvisatorische Freiheit genießen. Doch auch hier soll die Kritik am Verhältnis von 90 Prozent Pop zu 10 Prozent Jazz nicht falsch verstanden sein. Denn was Phalleé und Klimas an Gesang in den überwiegend balladesken Popsongs vortragen, ist absolut gut gemacht.

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Oft zweistimmig präsentieren die beiden ein Repertoire aus alten Söhne-„Klassikern“ aus der Produktion von 2020 „Das hat die Welt noch nicht gesehen“, aber auch aus ihrer aktuellen Einspielung „Lass Los“ vom November dieses Jahres. Wie gute Stimmführung klingt, beweist Phalleé in ihrer Titelkomposition für „Lass Los“, in der sie zusammen mit Klimas das Thema zweistimmig intoniert.

Technik muss Abmischung korrigieren

Gesanglich treten die beiden aber schon vorher bei „Eine Million Lieder“ hervor. Ohne Bass, Schlagzeug und Gitarre intonieren beide diesen Song, den sie ebenfalls für ihre neue Produktion aufnahmen. Spektakulär allerdings ist hier vor allem das virtuos gespielte Solo-Flügel-Intro in klassischer Stilistik, für die sich Stiehler zurecht einen Sonderapplaus verdient. Während Gitarre, Schlagzeug und Keyboard sich gelegentlich kurzer Solo-Passagen erfreuen, agiert E-Bassist McLean weitgehend im Hintergrund.

Nur eine Eingangs-Improvisation bei „Deine Waffe ist die Liebe“ aus „Das hat die Welt noch nicht gesehen“, trägt er zum Abend bei und auch hier spielt der Wahl-Rheinländer und Absolvent der Hanns Eisler Hochschule für Musik sehr zurückhaltend, was möglicherweise an der Akustik liegen könnte. Denn in den ersten Songs noch etwas unausgewogen klingt die Abmischung mit sehr laut wummerndem Bass, was aber alsbald von der Technik korrigiert wird.

Zu sehr alten Idealen verhaftet

Das „Jazz Department“ der „Söhne Mannheims“ gehört sicher zu den profilierteren Formationen hierzulande. Nach der Trennung von Xavier Naidoo vor zwei Jahren musste sich die Band neu erfinden. Verständlich, dass man als bestens etablierte Pop-Formation die erfolgreiche Stilistik nicht ganz verlässt.

Bei ihrem Potenzial dürfte sich die Band allerdings etwas mehr der Improvisation öffnen. Denn mit bestens komponierten, getexteten und knackig vorgetragenen Songs kann man zwar durchaus überzeugen, aber von der individuellen, spielerischen Qualität bekommen die Jazzfans doch noch etwas zu wenig zu hören.

Freier Autor

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